Interpret, Titel: The Flower Kings - Unfold the Future
Medium: Album CD
Stil: Progressive Rock
Erschienen: 04.11.2002
Label: Inside Out (Vertrieb: SPV)

Link: www.users.wineasy.se/flowerkings
Note:
10 von 10 Punkten

Die Flower Kings gehören für mich zu den besten Progressive Rock Bands überhaupt, denn was die Mannen um den Gitarristen Roine Stolt (auch Transatlantic) auf jedem ihrer Alben fabrizieren spottet jeglicher Beschreibung. Die Band hat zudem ein Faible für Doppel-CDs, denn drei der sieben Studioalben sind Doppeldecker, so auch das aktuelle Produkt aus Schweden mit dem Namen "Unfold The Future". Nach den letzten beiden Veröffentlichungen "Space Revolver" und "The Rainmaker" wähnte sich der Hörer schon gerettet, denn beide Werke erschienen einfach und die Songs waren von der Länge her auch im (für Progressive Rock) normalen Bereich angesiedelt. Und zack...da kommt "Unfold The Future" eine Dopppel-CD, die zwar auch nur drei Songs mit Überlänge beheimatet, allerdings sind diese Songs 30:40 min, 24:30 min und 14:25 min lang, zumindest die ersten beiden Längen sind nicht als konventionell anzusehen. Hört man sich beide CDs zum ersten Mal an, sitzt man hinterher erst einmal fassungslos im Sessel (oder wo auch immer...) und fragt sich was man da gerade gehört hat und ob das irgendwie normal ist. Die Schweden verwenden dermaßen viele Einflüsse und gehen dabei technisch so eindrucksvoll zu Werke, dass man es kaum fassen kann. Ich habe mich bei dem häufigen Hören der beiden Silberteller nicht nur einmal an meine persönlichen Favoriten Yes erinnert gefühlt. Absolut fantastische Melodien, unfassbar vertrackte und verspielte Passagen, unerwartete Wendungen, versierte Musiker, das macht einfach nur Spaß ! War der letzte Rundling "The Rainmaker" ein Flower Kings-Album, das noch eher als alle anderen als eingängig bezeichnet werden konnte, so ist "Unfold The Future" soetwas wie das "Tales From Topographic Oceans" (Yes, man erinnere sich: 4 Songs in über 80 Minuten) der Flower Kings geworden. Mit dem ersten Track der ersten CD, "The Truth Will Set You Free", hat man wohl den vielschichtigsten Song dieser CDs mit einer halben Stunde Laufzeit direkt zu Beginn der gut 140 Minuten gestellt. Hier wird man, quasi wie in einer Achterbahn, durchgerüttelt, es geht auf und ab, es wird laut und leise und natürlich gefrickelt bis der Arzt kommt, allerdings wird der Hörer dabei fast zu keiner Sekunde überfordert (okay, bei den ersten Durchläufen vielleicht schon). Das macht exzellenten Progrock aus, super meine Herren, das hätten Yes auch nicht viel besser hinbekommen. Aber es geht weiter ! Und zwar mit "Monkey Business", einem abgedrehten Progrocker, den so eigentlich nur die Flower Kings hinbekommen, auch hier wieder ein toller Wechsel zwischen abgedreht rockigen Parts und leiseren, verspielten Abschnitten. "Black And White" beginnt balladesk und mit Gesang verwandelt sich allerdings rasch in einen von Keyboards (ausgezeichnet 1: Tomas Bodin) und Bass (ausgezeichnet 2: Jonas Reingold) vorangepeitschten Rocker, der auch wieder nicht von dieser (normalen) Welt zu kommen scheint, crazy ! Nachfolgend "Christianopel", ein achtminütiges Instrumental, welches der Musiker Vorliebe für den Jazz auf eindrucksvolle Weise unter Beweis stellt (und es wird nicht der letzte bleiben...), insgesamt ruhig gehalten und virtuos dargeboten. Danach geht´s wieder rockig zur Sache, der zweite Longtrack "Silent Inferno" kommt traditionell proggig daher, und fährt alle dazugehörenden Trademarks auf, auch hier wieder sehr gelungen: die jazzigen Elemente zum Ende des Songs, bei denen Bassist Jonas Reingold sein Können, mal wieder (tut er ja eigentlich die ganze Zeit über), unter Beweis stellen kann. Ziemlich relaxt kommt "The Navigator" daher, Mellotron-Klänge und einfühlsamer Gesang machen diesen Song zu einer wohltuenden Angelegenheit. Auch das, die erste CD, beschließende "Vox Humana" kommt sehr balladesk daher. Die ersten sieben Songs mit einer Gesamtspielzeit von 74:09 min sind damit also abgehandelt, fehlen nun noch die neun Songs von CD 2, and here we go: den Beginn macht das achtminütige "Genie In A Bottle", ein traditioneller Rocker mit einer großen Anzahl Breaks und unerwarteter Wendungen; erinnert im Mittelteil stark an Yes. "Fast Lane" dürfte dann besonders allen Pain Of Salvation-Fans gefallen, denn hier übernimmt PoS-Kopf Daniel Gildenlöw einen Teil der Lead- und Backgroundvocals. Der Song an sich ist im ersten Teil ein straighter Hammond-Rocker und wird erst im zweiten Teil verspielter. "Grand Old World" präsentiert dann zum ersten, aber nicht letzten, Mal den Auftritt von Gast-Bläser Ulf Wallander. Mutet ziemlich soulig an. Der nächste Jazzer/Song heißt "Soul Vortex", bevor mit "Rollin The Dice" ein echter Rocker losgelassen wird, wie er auch auf "The Rainmaker" hätte stehen können, auch hier ist Daniel Gildenlöw wieder mit von der Partie. "The Devils Danceschool" heißt der zweite Auftritt von Ulf Wallander, der hier mit Jonas Reingold und Zoltan Csörsz ordentlich abjazzt. "Man Overboard" erinnert dann etwas an "The Navigator" von der ersten CD, allerdings spielt diesmal die ganze Band mit, trotzdem ziemlich relaxt und entspannend. Ins gleich Horn bläst dann "Solitary Shell", Klavier und Gesang vorm grande finale. "Devil´s Playground" fordert dem Hörer dann nochmal 25 Minuten alles ab. Der Track beginnt gewohnt ruhig, um dann nach wenigen Minuten richtig zu explodieren. Auch diesmal sind Ulf Wallander und Daniel Gildenlöw zur Stelle und verfeinern das ohnehin schon nicht schwache Stück noch zusätzlich. Auch hier geht man in bester 70er-Tradition vor und es lässt sich abermals Yes als Referenz anführen. Kommen wir zum Fazit: diese Doppel-CD gehört mit zum ambitioniertesten und abwechslungsreichsten, was ich seit langer Zeit gehört habe. Unglaublich, dass einer Gruppe so etwas im Laufe eines Jahres hinbekommen kann, denn die einzelnen Musiker haben ja nicht nur mit den Flower Kings zu tun, Keyboarder Tomas Bodin etwa hat parallel zu dieser neuen Flower Kings ein neues, sehr gutes Soloalbum in die Läden gestellt (s. Review an anderer Stelle). Gehört für mich neben Rush und Pain of Salvation in diesem Jahr zu den besten CDs im progressiven Rockbereich, auch wenn das diverse andere Personen (gell, Herr Rensen?) anders sehen werden. (Maik Eifländer, Oktober 2002)

Tracklist: CD 1:
1. The Truth Will Set You Free, 2. Monkey Business, 3. Black And White, 4. Christianopel, 5. Silent Inferno, 6. The Navigator, 7. Vox Humana

CD 2: 1. Genie In A Bottle, 2. Fast Lane, 3. Grand Old World, 4. Soul Vortex, 5. Rollin The Dice, 6. The Devils Danceschool, 7. Man Overboard, 8. Solitary Shell, 9. Devils Playground