Das Album des Monats Juli

Interpret, Titel: ENSIFERUM - Thalasic
Medium: CD
Stil: Melodic Folk Viking Death Metal
Erschienen: 10.07.2020
Label: Metal Blade Records (Vertrieb: Sony Music)
Link: www.ensiferum.com
Bewertung:
9 von 10

Die Finnen von ENSIFERUM treiben bereits seit 1995 ihr Unwesen. Mit dem Longplayer 'Victory Songs' (2007) gelang der Truppe schließlich Europaweit der Durchbruch und mittlerweile ist das innovative Quintett nicht mehr als der Metalszene wegzudenken.
'Thalassic' (griechisch für im Meer lebend) ist das mittlerweile achte Studioalbum und erstmals liegt ein Konzept zugrunde, zu dem sich Bassist & Sänger Sami Hinka wie folgt äußerte: "Die Idee dazu kam mir schon, während ich Interviews zu 'Two Paths' gab. Journalisten fragten mich nach dem zugrunde liegenden Konzept, wobei mir bewusst wurde, dass wir so etwas aufgrund unserer Kompositionsweise nicht bieten. Dieser Umstand ärgerte mich zusehends, weshalb ich mir vornahm: Auf unserer nächsten Platte zieht sich ein roter Faden durch die Texte. Damals hatten wir schon ein paar Lieder geschrieben, die fast aufnahmebereit waren, und beim Hören der Demos gewöhnte ich mir an, stärker aufs Feeling zu achten, als sie musikalisch zu analysieren. Irgendwie fühlte ich mich ständig ans Meer erinnert, womit das Leitmotiv feststand: die See oder etwas mit Wasser. Ich fing an, mich mit Geschichte, Legenden und Sagen aus verschiedenen Ländern zu beschäftigen, die etwas damit zu tun hatten, doch obwohl die Texte davon durchdrungen sind, bemühte ich mich, das heroische Moment von Ensiferum beizubehalten. Letztlich waren es zu viele Textideen, weil ich mich nicht einschränkte; am liebsten hätte ich skandinavische Storys und zahllose andere übernommen, wohingegen eines meiner Lieblingssstücke auf "Andromeda" aus der griechischen Mythologie bezieht. Ob wir auch in Zukunft so verfahren werden, weiß ich noch nicht, aber mindestens einmal wollte ich auf diese Weise Texte verfassen."

Kommen wir zu den neuen Songs, in welchen den zahlreichen Fans und Genre-Freunden eine Furiosität, Vielfalt & überbordernde Musikalität serviert wird wie noch nie zuvor!
Selbstredend ist das Energielevel der Band nach wie vor extrem hoch, hinzu kommen diesmal jedoch verstärkt orchestraler Bombast, etliche superbe Folk-Anleihen, welche die traditionelle Instrumentierung kongenial ergänzen, sowie ein immens hoher Abwechslungsreichtum, der sich durch die 50 Minuten Laufzeit von 'Thalassic' zieht. Diese Abwechslung ist auch dem superben Clean-Gesang des neuen Keyboarders und nun Co-Sängers Pekka Montin geschuldet.
Absolut atemberaubend mittels einer furiosen Herangehensweise - und doch ungemein hynmisch - sind die Über-Songs "Rum, Women, Victory" und "Run From The Crushing Tide" ausgefallen. Bei Odin, da kann man sich wirklich nicht mehr zurück halten, sprich die Faust reckt sich wie von alleine gen Walhalla, das headbangen geht ganz automatisch vonstatten und das Weizenbier im Kühlschrank muss jetzt her! Weltklasse! Als weiteren Anspieltipp lege ich euch das folkige "Midsummer Magic" ans Herz. Hier wähnt man sich im "Irish Pub" seiner Wahl und riecht quasi schon das frisch gezapfte Kilkenny...
Doch auch Powerballaden haben die Finnen im Gepäck und was für welche: "One With The Sea" und "I’ll Stay By Your Side" sind absolut super und verströmen Magie, Feeling & Erhabenheit ohne Ende.
Da sich auch die anderen sechs Songs - allen voran das 8-minütige majestätische Epos "Cold Northlandauf" - auf einem unerhört hohen Niveau befinden kann es nur eine Bewertung im absoluten Höchstbereich für diesen Überflieger geben!

Wie sieht die Band ihr neues Werk?
"Ich finde, wir haben uns musikalisch wieder ein bisschen weiterentwickelt und zugleich die besten Elemente unseres bisherigen Sounds beibehalten", erläutert Hinkka. "Vieles klingt ganz klassisch nach uns – hübsch folkloristische Melodien, Arschtreter-Riffs, abwechslungsreiche Gesangsstile und Refrains, die man mitgrölen kann."
Das kann man so stehen lassen.
Zur Umsetzung ihrer Sound-Vision zog die Band den schon erwähnten Tastenmann Pekka Montin hinzu, welcher "einige Songs echt noch mal deutlich aufgewertet hat", so Hinka abschließend.
Mikko P. Mustonen kümmerte sich um die Orchesterarrangements, und der Geigenvirtuose Lassi Logren spielte in einigen Tracks in famoser Manier die Akustikparts ein.
Herausheben muss man diesmal zweifellos Gitarrist Markus Toivonen, denn was sich dieser Kerl an Leads & Soli aus dem Ärmel schüttelt ist schon aller Ehren wert.

Offensichtlich befinden sich ENSIFERUM momentan am Zenit ihrer Schaffenskraft und haben hier eine Platte abgeliefert, die dereinst wohl als Klassiker gelten wird.
Hölkynkölkyn, ENSIFERUM!

(Pit Schneider, Juli 2020)

Tracklist: 1. Seafarer’s Dream (Intro) 2. Rum, Women, Victory 3. Andromeda 4. The Defence of the Sampo 5. Run From The Crushing Tide 6. For Sirens 7. One With The Sea 8. Midsummer Magic 9. Cold Northland (Va¨ina¨mo¨inen Part III) 10. Merille Lahteva (Bonus Track) 11. I’ll Stay by Your Side (Bonus Track)