Das Album des Monats April 2019

Interpret, Titel: ARCH / MATHEOS - Winter Ethereal
Medium: CD
Stil: Progressive Metal
Erschienen: 10.05.2019
Label: Metal Blade Records (Vertrieb: Sony)
Link: facebook.com/archmatheos/  
Bewertung:
9 von 10

Das erste Lebenszeichen von Kultsänger Jon Arch nach seinem Ausstieg bei Fates Warning im Jahr 1987 war die superbe EP 'A Twist Of Fate' im Juni 2003. Danach war wiederum Funkstille angesagt, bis Arch von ex-Bandkumpel Jim Matheos quasi reaktiviert wurde. Das Ergebnis war das famose Album 'Sympathetic Resonance' und erschien im September 2011. Nach einigen erfolgreichen Reunion-Gigs mit der eingangs erwähnten Band steht acht Jahre später steht die nächste Platte an, welche mir nun hier vorliegt und von der Progressive Metal-Fans sehnsüchtig erwartet wird.

Nach wie vor ist das Timbre und die Phrasierung von Arch unerreicht, obwohl er nicht mehr ganz so hoch kommt wie dereinst zu 'Awaken The Guardian'-Zeiten. Aber das muss ja auch gar nicht sein.
Mann kann es eigentlich schon vorweg nehmen: 'Winter Ethereal' ist ein stilistisch vielfältiges, anspruchsvolls Werk mit neun Songs, die allesamt begeistern und den ewig gestrigen, welche noch immer der Original-Sänger von Fates Warning nachtrauern Freudentränen in die Augen treiben werden.
Trotz der langen Pause zum letzten Studiowerks erklärt Matheos: "Da wir schon so oft zusammengearbeitet haben, könnten wir schnell zu routiniert in unserer Vorgehensweise werden, doch ich schätze, uns beiden war daran gelegen, Neuland zu beschreiten."
Arch stimmt zu und ergänzt: "Die Songs unterscheiden sich erheblich voneinander, nichts klingt repetitiv. Es ist kein Konzeptalbum, doch wenn man es sich von Anfang bis Ende anhört, entsteht der Eindruck, die Stücke würden zusammenhängen. Es lässt sich schwerlich beschreiben, aber bei einer Spielzeit von über einer Stunde dürften mir die Fans wohl dahingehend beipflichten, dass es ein echtes Hörerlebnis ist."
Nach der Fertigstellung von 'Sympathetic Resonance' hielt sich das Duo offen, es bei einer einmaligen Sache zu belassen oder irgendwann ein weiteres Album zu produzieren. Statt etwas zu erzwingen, warteten die zwei ab, bis die Zeit für einen Nachfolger reif zu sein schien. Mit dem Songwriting began das Duo im Frühling 2017. "Unsere Devise lautete zumindest bis zum Aufnahmetermin: Kein Druck, keine Fristsetzungen", so Matheos. “Wir lassen uns viel Zeit und behalten uns vor, nur dann etwas zu sagen, wenn es etwas zu sagen gibt. Das ist das Allerwichtigste. Wenn wir mit dem Komponieren angefangen haben und die ersten Ideen konkret werden, fühlen wir uns zusätzlich angespornt und inspiriert, sodass wir weitermachen, bis ein ganzes Album aufnahmefertig ist."
Statt daraufhin die Besetzung zusammenzutrommeln, die das erste Album eingespielt hatte – ausschließlich Mitglieder von Fates Warning – zog das Duo diesmal lieber unterschiedliche Gehilfen heran. "Wir hielten das für eine gute Idee, und hoffentlich lassen sich dadurch jene Verwirrungen vermeiden, die im Zusammenhang mit unserem Debüt aufkamen. Andererseits wollten wir nicht den Eindruck vermitteln, eine neue Band gegründet zu haben, die über dieses Album hinaus länger existieren wird. Vor diesem Hintergrund fand ich verschiedene Rhythmusgruppen reizvoll, um den Songs jeweils ein unterschiedliches Feeling und einen anderen Sound zu verleihen, während der Gesang und mein Gitarrenspiel die vertrauten Konstanten bleiben.” Zur Besetzung gehören nun ehemalige und aktuelle Drummer und Bassisten von Fates Warning: Joey Vera, Bobby Jarzombek, Joe Dibiase und Mark Zonder. Weitere Tieftöner sind die beiden Legenden Steve Di Giorgio (Death, Testament, Charred Walls Of The Damned) und Cynics Sean Malone, nicht zu vergessen der renommierte Schlagzeuger Thomas Lang.
Dank moderner Technik konnten die meisten Beteiligten ihre Parts bequem in Heimstudios aufnehmen, wohingegen Matheos die Gitarren und Vocals in seinem eigenen Studio mitgeschnitten und die Produktion übernommen hat. Diese Arbeitsweise war der Kreativität zuträglich und angenehm für die beiden Projektköpfe. "Ich für meinen Teil ziehe es vor, die Freiheit zu genießen, zur Arbeit fahren zu können und mich dort abzuschotten, wenn es ans Aufnehmen geht", sagt Matheos. "Dann kann ich experimentieren, was nicht immer gelingt, und brauche mich weder zu zieren noch selbst einzuschränken. Nichtsdestoweniger hat mir John viele Anreize gegeben, auch wenn er mal nicht persönlich vor Ort war, und drängte mich in Richtungen, die ich ansonsten nicht eingeschlagen hätte." Jim unterstützte Arch seinerseits genauso beim Aufnehmen seines Gesangs. "Ich genieße die Situation im Studio, weil ich mich dort wie daheim fühle", so der Sänger. "Es ist eine intime, entspannte Atmosphäre; Jim sitzt am Mischpult, ich stehe hinterm Mikrofon, niemand zwingt den anderen zu irgendetwas. Bei Meinungsverschiedenheiten einigen wir uns stets auf einen Kompromiss. Ich weiß Jims Geduld zu schätzen, weil ich beim Aufnehmen meines Gesangs echt anstrengend sein kann. Cool finde ich auch, hautnah miterleben zu dürfen, wie er seine Gitarrenparts einspielt, und manchmal dauert es bis tief in die Nacht, ehe uns beiden die Puste ausgeht. Wir sind seit Ewigkeiten befreundet, und wenn man dann heiter zu zweit am Ende des Tages ein paar Kurze kippt, kommen alte Erinnerungen hoch."

Einzelne Songs aus diesem Longplayer herauszuheben fällt ungemein schwer, da alle Kompositionen wie aus einem Guss daher kommen und auch die Reihenfolge exzellent ist. Schon der neunminütige Einstieg mit "Vermilion Moons" enthält quasi alle Trademarks dieser Kooperation von zwei Prog Metal-Schwergewichten. Meine persönlichen Favoriten sind das mit einer wahrlich hyptnotischen Melodie daher kommende "Wanderlust", das zusätzlich mit einem grandiosen Gitarrensolo und einer immensen Intensität aufwartet. Des Weiteren plättet mich das flotte "Wrath Of The Universe".
Nuff said, die beiden Musiker haben exakt das Album abgeliefert, auf welches die zahlreichen Fans und Prog Metal-Anhänger gewartet haben.

Neugierige die nicht mehr warten können, checken gleich mal das unten in der Tracklist verlinkte "Straight And Narrow" an.

Die lange Wartezeit auf 'Winter Ethereal' hat sich absolut gelohnt!
ARCH & MATHEOS ist abermals ein Meisterwerk gelungen, welches die gesamte Szene aufhorchen lassen wird!


(Pit Schneider, April 2019)

Tracklist: 1. Vermilion Moons (9:07) 2. Wanderlust (5:59) 3. Solitary Man (5:42) 4. Wrath Of The Universe (8:24) 5. Tethered (6:12) 6. Straight And Narrow (4:20) 7. Pitch Black Prism (7:06) 8. Never in Your Hands (8:13) 9. Kindred Spirits (13:01)