VIRON, 20.02.2008
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'Ferrum Gravis' nennt sich das zweite Album der pfälzischen VIRON, welches auf das schon starke Debut gar noch einen drauf setzt und unterstreicht das man (nicht nur) der deutschen Power Metal Speerspitze gewaltig im Genick sitzt!
Drummer Neudi stellte sich gerne meinen Fragen.

Schweres-Metall (SM): Hallo Neudi, wie geht´s Dir, alles im Lack?
Mit 'Ferrum Gravis' habt ihr ein absolutes Hammer-Album veröffentlicht, welches wir mit 9 v. 10 Punkten zum "Special Tip des Monats Februar" gekürt haben. Was bedeutet Dir u. der Band eine solche Auszeichnung eines Online-Magazins?

Neudi: Es bedeutet uns sehr viel und ich hoffe, daß Du die Erwähnung des Zusatzes "Online-Magazin" nicht abwertend meinst. Sicher gibt es derzeit zu viele Fans, die unbedingt selbst etwas machen müssen und es werden immer weniger reine Konsumenten, aber Magazine in Eurer Liga sind mittlerweile ein wichtiger Teil der Szene. Sicher nehme ich immer noch gerne die Printmags mit in die Badewanne, manche dienen mir auch bei der täglichen Sitzung, aber morgens, beim ersten Kaffee und der Zigarette (was dann zur Sitzung führt!!) ist meine Tageszeitung das Internet und damit u.a. auch Euer Mag.
Was mir an Eurem Review gefällt ist, daß man merkt wie Ihr Euch mit der CD befaßt habt. Nichts ist langweiliger als eine Kritik, aus der man herausliest, daß der Autor lediglich seinen Job macht.

SM: Wie ist das weitere Feedback von Fans & Presse ausgefallen?
Neudi: Wir sind mehr als zufrieden. In den vier wichtigen Printmags ist alles sehr gut gelaufen, in zweien davon weit überdurchschnittlich. Man darf nicht vergessen, daß in allen Redaktionen mittlerweile Journalisten mit total unterschiedlichen Geschmacksrichtungen sitzen. Wer Metalcore oder andere supermoderne Strömungen mag, kann mit uns schon grundsätzlich nichts anfangen. Das macht auch überhaupt nix! Daß wir dann trotzdem so gut abschneiden, macht die Sache nur noch wertiger. Lediglich die Holländer mögen uns nicht so richtig. Ich vermute mal, daß sie den Titel des Debüts in den falschen Hals bekommen haben. Tja, an uns liegt´s nicht - wir lieben Holland!

SM: Seit dem Debut Album 'N.W.O.G.H.M.' geht ihr geradlinig Euren Weg ohne Anbiederungen an irgendwelche Trends, was mich persönlich sehr freut u. zudem Respekt abverlangt. War dies ein Problem bei Vertragsverhandlungen mit Labels bzw. mit Metal Heaven wo ihr letztendlich gelandet seid?
Neudi: Ich könnte jetzt eine tolle Geschichte erfinden und schreiben, daß wir bis auf´s Blut verhandelt haben, aber das wäre gelogen (schade eigentlich). Sämtliche Firmen bis auf eine, die uns ein Angebot gemacht haben, wollten noch nicht mal eine Vorproduktion bzw. ein Demo mit neuen Songs. Der allgemeine Konsens war: NWOGHM war super und warum soll das zweite Album anders werden. Wer uns persönlich kennt weiß, daß wir sowieso nur das machen, was uns persönlich gefällt. Nur dann ist es möglich, Viron auch an die Fans zu transportieren. Die Verhandlungen bezogen sich nur auf das Budget für die Recordings und die Promo. Wir haben sofort gemerkt, daß Georg von Siegl ein großes Vertrauen in uns steckt. Wir haben eine sechswöchige Produktion und ein Thomas Ewerhart Cover, ein Videoclip und ansonsten gute Konditionen. Das ist schon weitaus mehr, als andere Firmen (teilweise größer als Metal Heaven) uns geboten haben. Nach den Reviews und mit 'Ferrum Gravis' im Allgemeinen bin ich mir sicher, daß wir die Firma nicht enttäuschen werden.
Wir haben übrigens Sonic Age, das griechische Label vom Debüt 'NWOGHM', in aller Freundschaft verlassen.

SM: Kannst Du bitte kurz erläutern wie ihr in der jetzigen Band-Besetzung zusammengefunden habt?
Neudi: Oh, jetzt muß ich wohl wieder die Boygroup-Story auspacken... die Band wurde von einem Management um Sänger Alexx Stahl herum gebastelt (Dieter Bohlen war hier nicht dabei!) und wir haben uns alle vorher nicht gekannt. Es wurde rein nach Qualität der Musiker ausgewählt. Das war dann SEDUCTION. Gemäß Auftraggeber spielten wir zwei Demos ein, die in die Ecke Blind Guardian oder Sonata Arctica gingen. Metal Hammer bezeichnete uns bereits als beste unsigned Band und wir landeten sogar auf einer Beilagen-CD des Heavy (oder Was!?). Trotzdem: Uns hat dieser Stil, vorallem mit einem Keyboarder, keinen Spaß gemacht und wir lösten uns trotz diversen Angeboten auf. Natürlich wurden wir von einigen Szenemenschen für diesen Schritt für verrückt erklärt, aber das war uns egal. Ein Jahr später trafen Alexx und ich bei der Deep Purple Tribute Band CHILD IN TIME wieder aufeinander und natürlich redeten wir über das verschenkte Potential unserer ex-Band. Wir beschlossen mit Thilo und Ingmar (ohne Keyboarder Madd, der menschlich gut zu uns gepaßt hätte, aber leider ein metalfeindliches Instrument spielt) eine Session zu machen und daraus wurde noch am gleichen Abend Viron. Und natürlich der Grundatz, der bis heute unser höchstes Gesetzt ist: Wir spielen NUR den Metal, der uns gefällt. Später haben wir dann Roger Dequis als zweiten Gitarrist hinzugenommen. Mit ihm habe ich Ende der Achtziger bis 1995 bei Sudden Darkness (eine unveröffentlichte LP bei Gama Records... liebe Sammler: Ich habe noch 2 Testpressungen, aber ich verkaufe sie nicht) und dann Economist (eine CD bei Massacre Records) gespielt.

SM: Wie muss man sich das Songwriting bei Viron vorstellen? Habt ihr das typische 2er Team oder ist die gesamt Band involviert?
Neudi: Man muß die meisten Credits ganz klar unserem Gitarrist Thilo verleihen. Er komponiert einen Großteil des Materials, gefolgt von Roger und erstmalig auf Ferrum Gravis auch Basser Ingmar. Das Arrangieren der Song findet dann old-school-mäßig im Proberaum statt, denn nur so klingt das Resultat nach Viron. Viele der Mittelparts auf beiden Alben sind durch altbekanntes Jammen im Proberaum entstanden. Und es ist auch kaum zu glauben, daß Ingmar´s "On the Run" in der Ursprungsversion eine fast schon progressive Neun-Minuten-Nummer war. Jetzt ist es ein 4-Minuten Stampfer mit sehr melodischer Schalgseite. Dieses Beispiel erklärt ein wenig, wie Viron funktioniert. Wir inspirieren uns gegenseitig, stoppen uns aber auch, wenn jemand in die falsche Richtung geht. Wir gehören zu den Bands, die sich untereinander heftig, aber konstruktiv streiten. Dies zeigt, wie wichtig jedem Mitglied die Band ist.

SM: Was sind Deine Lieblingssongs von der neuen Scheibe?
Neudi: Der Opener "Liberator" ist einer meiner Faves, weil ich die Mischung aus Bay Area Thrash und melodischen, klassischem Heavy Metal mag. Thilo schafft es immer wieder, verschiedene Subgenre innerhalb eines Songs flüssig und schlüssig zu verbinden.
"Beyond The Gates" ist für mich ein wenig nostalgisch, denn der Song klingt fatal nach Roger und meiner ex-Band Economist, deren Mißerfolg ich heute noch nicht in dem Maße nachvollziehen kann. Bei "Isle Of Man" geben wir zunächst Vollgas, haben dann gegen Ende die für uns schwierigste Passage seit Bestehen der Band eingebaut. Untypisch für uns sind diese ca. 40 Sekunden schon, aber ich bin sehr stolz daß wir hier mal kurz zeigen konnten, daß wir auch mit rhythmisch völlig verschachtelten Passagen keine Probleme haben.

SM: Es ist klar herauszuhören das Bands wie die alten Iron Maiden aber auch von so manchem Riffing her ("Liberator") Thrash-Ikonen wie Testament oder Exodus zu Eueren Einflüssen zählen. Würdest Du dem zustimmen?
Neudi: Ganz klar! Das hast Du völlig richtig erkannt. Thilo ist schon seit Jahren ein Fan der ersten drei oder vier Metallica Alben und das hinterläßt spuren. Wenn Roger eine Soloscheibe machen würde, dann würde es mich nicht wundern, wenn sie irgendwo zwischen Bay Area Thrash und den nicht-so-modernen Machine Head Songs liegen würde. Lediglich Alexx ist fast gar nicht thrashlastig und bei ihm endet es bei Bands wie Agent Steel, aber genau das ist wieder positiv für uns, denn er zieht seinen Metalgesang auch auf schnellen Parts durch.

SM: Wie ich auf Eurer Website in Erfahrung bringen konnte bist Du & Sänger Alexx Stahl auch in die Deep Purple Coverband 'Cild in Time' involviert. Ich nehme mal an man kann heutzutage (leider) mit Coverbands mehr Kohle verdienen als mit der Hauptband?
Neudi: Das ist wohl wahr, aber auch verständlich. Erst wenn eine Band mit eigenem Material richtig bekannt ist, trauen sich die Veranstalter an Headlinershows, denn die Bereitschaft, Konzerte zu besuchen ist in den letzten 10 Jahren massiv gesunken. Wenn in Frankenthal eine AC/DC Coverband 600 Leute zieht, während Agent Steel mit Vicious Rumors in einem Loch vor unter 100 Nasen spielt, dann zeigt sich, daß die Szene doch nicht so gesund ist, wie sie aufgrund den großen Festivals erscheint. Trotzdem will ich mich nicht beschweren, denn mit Viron haben wir eigentlich immer einen guten Schnitt, denn wir ziehen Altmetaller und metallische Jungschnecken an.
CHILD IN TIME haben sich leider aufgrund Krankheit des Bandleaders aufgelöst, doch zusammen mit Kalli von Abandoned und Mario von Hate Force One, haben Alexx, Roger und ich eine NWOBHM-Tribute Band namens ROXXCALIBUR (www.myspace.com/roxxcalibur). Hier spielen wir nur wenige Standards (Saxon, Maiden, Angel Witch, Diamond Head), stattdessen geile Songs von vergessenen Perlen wie Trident, Jameson Raid oder JJ´s Powerhouse. Die Band knallt absolut höllisch und ab der zweiten Jahreshälfte 2008 werden wir auch live spielen. Evtl. werden wir sogar eine CD mit völlig unbekannten Stücken aufnehmen, denn ein verrückter Labelmensch will uns schon jetzt unbedingt...

SM: Welche Tour- bzw. Konzertaktivitäten stehen dieses Jahr an?
Neudi: Wir verhandeln gerade mit diversen Agenturen, die für uns diesen Part übernehmen. Ansonsten sind wir im Gespräch mit zwei NWOBHM-Bands und zwei klassischen US-Metal Bands, mit denen wir was aufziehen wollen bzw. ziemlich sicher werden. Für die Festivals war der Release im Februar leider zu spät.

SM: Welche Ziele habt ihr mit Viron in naher Zukunft?
Neudi: Wir wollen Groupies, die uns nach dem Sex die Instrumente putzen! Immer nur Sex kann´s nicht sein, denn irgendwann fühlen wir uns schäbig und benutzt! Ansonsten... hoffen wir, daß wir unsere Karriere mit Ferrum Gravis vorantreiben können. Unsere Philosophie ist, Schritt für Schritt zu machen und keine Stufe zu überspringen. Das klingt für manche zwar verrückt oder kaufmännischen irrsinnig, aber die meisten Bands, die auch langfristig am Start sind, haben sich langsam gesteigert. Solche, die von 0 auf 100 gestartet sind, hat man heute wieder vergessen.

SM: Hast Du Idole bzw. Vorbilder als Drummer?
Neudi: Ja, und zwar aus zwei Drumming-Ecken. Zum einen fühle ich mich mit den klassischen Groovern wie Cozy Powell oder Carmine Appice (Vanilla Fudge, Ozzy, Cactus) verbunden. Diese Jungs haben immer das gemacht, was der Song gerade benötigt hat. Zum Anderen stehe ich aber auch auf die ausufernden Stile, wie man sie von Neil Peart (Rush) kennt, aber auch Randy "Thrasher" Foxxe von Manilla Road. Mir macht es Spaß, songdienlich zu spielen, dann aber völlig virtuos Breaks zu spielen - also nicht durchgehend das Eine oder das Andere. Wenn man mir böse will, läßt man mich in einer AC/DC Coverband spielen. Ich würde nach der Hälfte jedes Songs Break-Entzugserscheinung haben... Bei der Frage möchte ich aber lieber auf unseren Gitarrist Thilo aufmerksam machen, der auf dem neuen Album Unglaubliches vollbracht hat. Er ist da ähnlich wie ich, denn trotz seiner immensen Fähigkeit "fiedelt" er nur, wenn es der Song gerade verträgt.

SM: Was waren die bisherigen Highlights in Deiner Musikerlaufbahn?
Neudi: Als Highlight möchte ich bezeichen, daß aktuell viele Bands aus den Achtzigern, die ich als Jugendlicher vergöttert habe, jetzt Viron Fans sind. Ich habe aus eigener Tasche einige CDs verschickt, weil sie mich darum gebeten haben. Dies sehe ich als Ehre an, denn diese Bands waren zum damaligen Zeitpunkt auch wichtig für meine Entwicklung als Fan und Musiker.
Ansonsten habe ich einige Studiojobs gemacht, von denen man bis heute nicht weiß, daß ich auf den Platten trommel. Diese Geheimnisse werden immer ganz engen Kreis bleiben, waren aber auch wichtige Erfahrungen, die mir heute zugute kommen.

SM: Neudi, ich danke dir für dieses Interview u. ich hoffe wir treffen uns demnächst mal bei einem Gig v. Euch.
Letzte Worte v. Dir an unsere Leser bzw. die deutschen Metal-Fans?
Neudi: Vor diesem Interview habe ich zwei nach Frankreich gegeben und dabei erwähnt, wieviele geile Bands es da gab: H-Bomb, Sortilege, Demon Eyes, Blaspheme etc. Es wäre natürlich unsinnig, jetzt deutsche Bands aufzuzählen, denn auch wir hatten und haben unsere Highlights in der Metalhistorie. Ich denke wir haben vom Härtegrad die Siebziger mit-dominiert, denn die Scorpions und Accept waren definitiv harter Stoff, auch einige frühere Bands hatten richtige Heavy-Nummer (Birth Control, Jeronimo, Lucifer´s Friend). Die Deutsche Metalszene wird im Ausland derzeit heftigst glorifiziert. Irgendwie ist der Eindruck entstanden, Germany wäre 365 Tage im Jahre Wacken. Dem ist natürlich nicht so, auch wenn wir uns mit der Szene defintiv glücklich schätzen können. Auf unseren Gigs sind nicht nur Alt-Metaller und junge Fans, sondern teilweise Väter mit ihren Söhnen. Es ist schön einen Stil zu spielen, der für die alten Fans nicht zu modern, und für die jungen nicht zu altbacken klingt. Metalfans interessieren sich für ihre Musik, sie wollen mehr als einfach nur ein paar Lieder konsumieren und das zeigt sich auch an der Re-Animation der Kutte! Viele junge Fans tragen Aufnäher von Bands, deren aktive Phase vor ihrer Geburt lag. Ich möchte jetzt ungern von Werten sprechen, aber unsere Szene ist in Takt. Solange es solche enthusiastischen Menschen gibt, macht es Spaß, diese Musik live zu spielen. Vielleicht ist Viron ja tatsächlich generationsübergreifend?
Vielen Dank für das Interview! Ihr könnt uns jederzeit (fast...) unter www.myspace.com/viron1 erreichen!

(Pit Schneider, Februar 2008)