Interpret, Titel: TARCHON FIST - Apocalypse
Medium: CD
Stil: Classic Heavy Metal/Hard Rock
Erschienen: 16.08.2019
Label: Pride & Joy Music (Vertrieb: Soulfood)
Link: facebook.com/TARCHON-FIST-62330391412/   
Bewertung:
9,5 von 10

Bands, die noch echten, bewundernswert abwechslungsreichen klassischen Heavy Metal bieten, werden von den Kritikern oft genug eben dafür verurteilt. Man wirft ihnen vor, sie würden sich nicht weiterentwickeln, weil sie nicht irgendeinem Massen-Trend folgen, sondern voller Leidenschaft und Stolz die Fahne für den klassischen Heavy Metal hochhalten. TARCHON FIST aus Bologna und Verona sind möglicherweise die herausragendsten Verfechter des klassischen Heavy Metal-Stils in ihrem Land – als Finalisten der W:O:A Metal Battle Italy vertraten sie 2018 ihre Nation auf dem berühmten Wacken Open Air in Deutschland.

Der 4. Longplayer 'Apocalypse' der 2005 gegründeten italienischen Band TARCHON FIST – ihr erstes Konzeptalbum bislang - ist an Dramatik und Variantenreichtum kaum zu überbieten. Es geht um den Dualismus des Menschen, dem ewigen Ringen zwischen dem Guten und dem Bösen in jedem von uns, was als Geschichte vorgeführt wird. Tarchon – in der Etrurischen Mythologie ein Gott, Held und König -führt dabei die Mächte des Lichts an, während die Kräfte der Finsternis durch Manth beherrscht werden, einer dämonischen Gottheit, die nach felsinischem Glaubenskult die Unterwelt bewacht.
Nach den einleitend erzählenden Worten der Gast-Sängerin liefern sich beide Machtinhaber in "Prologue To Apocalypse" zunächst ein verbales Kräftemessen, musikalisch umgesetzt im rockdisco-tauglichen, eingängig stampfenden Midtempo-Rhythmus und mit sattem, atmosphärischem Background-Sound, der dem Stil von EDGUY nahe kommt.
Galt eben noch ein geordnetes Weltgefüge, geht's in "Clash Of The Gods" mit rasanter Geschwindigkeit, schneidend scharfen Gesangslinien und einer eigenwilligen, die Weltordnung verhöhnenden Progressivität gnadenlos zur Sache. Sowohl Luciano Tattini und Sergio Rizzo an den Gitarren, als auch Sänger Mirco Ramondo faszinieren mit aggressivem Biss in ausdrucksstark exzentrischer IRON MAIDEN-Manier!
Nicht minder rasant, mit abgedreht-zornigen Gitarrenläufen und einem von IRON MAIDEN-Fans geliebten charismatischen Mix aus Genie und Wahnsinn schlägt "Evil Comes From Underground" zu. Die Unterwelt hetzt ihre Vampire und Zombies auf die Menschheit; und das Böse frohlockt.
Bei "Lights Of Fire" hat sich die Welt der Menschen in Feuer und Asche verwandelt, doch auch ihr Kampfeswille lodert auf. Der Song lässt in seiner kompositorischen Klasse Assoziationen zu EDGUY, TYKETTO und SKID ROW aufkommen. Stilistisch abwechslungsreich beginnt der Song in einer Art Blues-angelehntem 70er Rock. Der Rest ist ein herrlich rockender Midtempo-Mix aus eingängigem und tanzbarem True und Power Metal, garniert mit ungeschliffenem Glam Rock und Hair Metal, der einen aus voller Kehle mitsingen lässt!
"No Mercy For The Enemy" wirkt mit unnachgiebiger Heavy Metal-Macht, die den Hörer mit militärisch voranwalzendem Double Bass-Mitstampf-Rhythmus direkt auf das das Schlachtfeld zerrt. Beschwörende Mitsing-Parolen, ausdrucksstarker Gesang und Ohrwurm-Melodien bilden einen unentrinnbaren Spannungsbogen, der mit "Last Human Strength" seinen dramaturgischen Höhepunkt erreicht. Zu vorantreibenden Double Bass Drum-Salven und Power Metal-Chorgesang in "Last Human Strength" gemahnt sich die Menschheit, nicht aufzugeben und mit letzter Kraft sein Leben zu verteidigen. Mit choruntermalten Mitsing-Passagen bringt Mirco Ramondo seine kraftvolle und fesselnde Art zu singen zur Geltung, bevor man auf dem Gitarrensolo pommesgabelschwingend zum Abfeierhorizont reitet. Wie im Auge eines Orkans folgt plötzlich Stille, und in die Stille hinein erhebt die Gastsängerin Katiuscia Tattini nun engelsgleich und kristallklar singend ihre Stimme… Der Effekt dieses Kontrasts ist Gänsehaut pur! Doch mit unerbittlicher Gewalt hageln die soundmäßig genial umgesetzten Attacken weiter auf die Menschheit nieder. Diese sieht keinen Ausweg mehr, wie sie die teuflischen Kreaturen stoppen soll. Der Ton der Songs erscheint bedeutend rauer als auf den vergangenen CDs. Die mystischen Chor-Akkorde untermalen den diabolischen Klang des übermächtigen Bösen, das durch Chaos die Welt zur Unterwerfung zu zwingen versucht.
Die Rettung naht in Form von prähistorischen Urzeit-Giganten in dem heroisch beflügelnden, energievollen und epischen Song "Proud To Be Dinosaurs", zu dem es auf dem YouTube-Kanal der Italiener ein offizielles Musikvideo gibt. Die als ausgestorben geltenden Dinosaurier verkörpern bei TARCHON FIST zugleich den traditionellen Heavy Metal, der durch Tarchon wieder zum Leben erweckt wird und die Wende zum Guten herbeiführt. Mit durchschlagender Übermacht, sowohl stimmlich, als auch den fetten Sound, setzt sich die abwechslungsreiche Hymne in den Gehirnwindungen fest und bietet packen tanzbaren Midtempo True Metal, gepaart mit jagenden, lebendigen Power Metal-Klängen. BLIND GUARDIAN-, EDGUY- und HAMMERFALL-Fans werden diesen Song lieben!
Ein ebenso hymnischer Ohrwurm ist "Skyrider", der den Kampf in der Luft beschreibt. Seine Atmosphäre ist das Gefühl von absoluter Freiheit und beschwört das Bild eines Rock Hard Ride Free-Bikers herauf, der in der untergehenden Sonne dem unendlichen Horizont entgegenfährt. Der choruntermalte Power Metal-Chorus löst effektvoll den rasanten, AC/DC-ähnlichen Streetrock-Strophenpart ab und besticht durch gesangliche Wandlungsfähigkeit und geniale Stil-Kombinationen.
Der imposante "Titan Of The Forest" groovt mit schwermetallisch wuchtiger Präsenz und führt unweigerlich zu rhythmischen Kopfbewegungen. Heavy Metal pur, wie man ihn zu damaligen Zeiten von WARLOCK, JUDAS PRIEST, VIRGIN STEELE oder ACCEPT lieben gelernt hat, kontrastreich gepaart mit herrlichen Twin-Gitarren-Klängen und dem bissig-aggressivem Gesang des TARCHON FIST-Frontmanns. T(ARCHON FIST)-Rex rechnet als König der Dinosaurier kompromisslos mit dem Bösen ab.
Lebendige Stil- und Taktwechsel finden sich auch in "Razor From The Abyss". Mal temporeich rockend, mal lauernd heranpirschend, ist der Song ein Meisterwerk an spannendem Songaufbau. Die wilden, virtuosen Saitenklänge lassen stellenweise an VIRGIN STEELE von 1985 denken.
Die Abschluss-Ballade "My Destiny (Epilogue)", die mit ergreifend schöner Gesangsmelodie den Hörer in eine nachdenkliche Stimmung bringt, hat die Botschaft, dass man das Böse nicht besiegen kann: Es wird immer das Böse und das Gute geben, in immer neuen oder sich wiederholenden Situationen, die uns dazu bringen, uns für einen Weg zu entscheiden, der in die eine oder die andere Richtung geht. Sänger Mirco Ramondo stellt in "My Destiny (Epilogue)" weitere Facetten seiner magischen Powerstimme unter Beweis. In einem dramatischen Ausklang schließt sich der Kreis. In die letzten Gitarrenklänge hinein haucht Katiuscia Tattini mit wunderschöner Stimme das bewegende Schlusswort, das noch lange in den Gehörgängen nachhallt. "My Destiny (Epilogue)" hat absolutes Potential, von sämtlichen Radiosendern rauf- und runtergespielt zu werden.

Fazit: Die CD "APOCALYPSE" bietet abwechslungsreiches und eingängiges Heavy Metal-Futter auf hohem Niveau, das aufgrund des beachtlichen Stilspektrums für Hardrocker, Classic-, True-, Prog- und Power Metaller gleichermaßen empfohlen werden kann.
Besonders IRON MAIDEN-Fans wird geraten, sich intensiver mit dem Album "APOCALYPSE" zu beschäftigen.
Allgemein wird diese Scheibe Menschen mit Freigeist für durchdacht progressive, aber dennoch in sich schlüssige Kompositionen ansprechen, die sich für fesselnd umgesetzte Konzeptstorys begeistern können.

(Monika Zimmer, August 2019)

Tracklist: 01. Prologue To Apocalypse 02. Clash Of The Gods 03. Evil Comes From Underground 04. Lights Of Fire 05. No Mercy For The Enemy 06. Last Human Strength 07. Proud To Be Dinosaurs 08. Titan Of The Forest 09. Sky Rider 10. Razor From The Abyss 11. My Destiny (Epilogue)