"ROCK AM BACH FESTIVAL 2009"

Freitag: SADDEST MESSIAH , THE RED CHORD , WARBRINGER , DISCO ENSEMBLE , WALLS OF JERICHO , BROILERS , IGNITE & DROPKICK MURPHYS (+ Special Guest: MAMBO KURT)
Samstag: HARDCUT, THE CASTING OUT , SONIC SYNDICATE, SEPULTURA, CALIBAN, THE SUBWAYS & MOTÖRHEAD

10. & 11.07.2009
Merzig (Saarland), in der Nähe vom "Zeltpalast"

Link: www.rab-festival.de

Es ist, wie schon in den letzten Tagen, stark bewölkt als der Schreiber dieser Zeilen nebst Begleitung auf dem Festivalgelände in Merzig ankommt. Also gilt es erstmal in Windeseile das Zelt aufzustellen bevor es anfängt zu schütten. Der Campingplatz für Ottonormal-Metaller erweist sich als lehmiges Stoppelfeld das sich bei starkem Regen wohl in ein Moor verwandeln wird. Wir haben Glück. Zumindest was den Zeltaufbau angeht, denn unser kleines Lager steht und nach wie vor lässt die erwartete Flut auf sich warten. Weniger glücklich stimmen mich allerdings die "BESSERERWISSERBOYS" (die angeblich beste Ärzte-Coverband der Welt) die den Platz von der Perfect Painstage (zumindest der zweite Teil des Namens ist Programm, soviel sei jetzt schon mal gesagt) aus beschallen. Noch ein "Helga"-Ruf mehr und ich hätt’ ne Zeltstange geschmissen…
Leider verpassen wir den Großteil des SAD MESSIAH Auftritts und wenn man sich die recht überschaubare Menge vor der Mainstage ansieht gilt das wohl für ca 90% der Festivalbesucher. Schade eigentlich, denn die letzten paar Minuten bestätigen den guten Ruf, den sich die Saarländer Metalcoreler bereits erspielen konnten.
Ich bin etwas verdutzt als danach plötzlich WARBRINGER (für mich die interessanteste Band der Veranstaltung) auf den Brettern stehen. Die Kalifornier waren eigentlich erst als dritte Band angekündigt, mussten aber, wie sie ganz entspannt mitteilen den Platz im Billing mit THE RED CHORD tauschen die zu spät angekommen waren. Den Jungs scheint’s egal zu sein, mit dem starken neuen Album 'Waking Into Nightmare' im Rücken wird eine Thrashgranate nach der anderen gezündet. Der Sound ist prima und die Stimmung steigt von Song zu Song. Thrash Revival hin oder her, diese Band wird ihren Weg gehen, soviel ist sicher. Leider erweißt sich der Untergrund vor der Bühne (Roter Sand und Schotter) als sehr unvorteilhaft und bereits beim ersten Circle Pit des Tages verstauche ich mir das Handgelenk. Tapfer verfolge ich den Rest des (viel zu kurzen) Sets bevor ich mir THE RED CHORD vom Sani-Zelt aus anhöre. Wieder schade, die Deathcroler aus Massachusetts machen nämlich anscheinend mächtig Alarm und sind der wohl brutalste Act im Billing.
Kurz nach fünf stürmen dann DISCO ENSEMBLE die Bühne. Die Finnen hatten es 2008 auf eine Top – Platzierung in den heimatlichen Charts geschafft und locken so eine bereits recht ansehliche Menge an. Der Post – Hardcore Sound ist sicherlich Geschmackssache, der energiegeladene Auftritt jedoch überzeugt auf ganzer Linie und so wird in den ersten Reihen schon mächtig getobt. Guter Auftritt!
Auf einen solchen freue ich mich auch bei WALLS OF JERICHO, die haben mit Candace Kucsulain eine Frontfrau am Start die nicht nur hervorragend shoutet sondern auch richtig gut clean singen kann. Das verleiht dem brachialen reinrassigen Hardcore Sound der Detroiter enormen Tiefgang und Atmosphäre. Zusätzlich sorgen die ruhigeren Passagen für einige Verschnaufpausen im Pit, der dann umso heftiger tobt. Die Band hat dabei sichtlich ihren Spaß und präsentiert sich enorm spielfreudig. Genial!
Große Erwartungen hatte ich was die BROILERS angeht nicht, denn mit dem Gros der Songs die ich von den Platten her kenne, kann ich nicht viel anfangen, zu eindimensional, zu langweilig, nicht hart genug. Umso größer dann die Überraschung, dass die Düsseldorfer ihren Ruf als "Abräumer" des letzten RAB bestätigen können. Der Mix aus Oi Punk mit Psychobilly und Ska Elementen kommt live hervorragend an und erstmals ist der Platz vor der Mainstage fast zur Gänze gefüllt. Die Menge feiert auch jeden Song frenetisch ab, Hits wie "Ich bin bei dir" werden bis zum letzten Wort mitgesungen. Inzwischen gibt es kein Halten mehr und bis in die mittleren Reihen wird heftig gepogt. Für Fans sicher das erwartete Spektakel, für mich die Überraschung des Tages. Vielleicht sollte man der Truppe auch als Metalhead ne Chance geben…
Melodic Hardcore? Diesen Widerspruch in sich verkörpern IGNITE, die es schon nach wenigen Minuten schaffen, dass ich mich genervt abwende um mich erstmal mit Merch zu versorgen. Die Hauptbands verkaufen ihr Zeug direkt auf dem Gelände, während es direkt davor eine Art Metal Fanmeile gibt, die es verdient durchforstet zu werden. Zu fairen Preisen gibt’s hier Shirts, CD’s und Zubehör. Sehr schön…
Meinen neuen DROPKICK MURPHYS Kapu streife ich mir gleich über, denn der Headliner des ersten Tages betritt, nach längerer Umbaupause, die Bretter. Es ist inzwischen dunkel aber immer noch trocken. Die Bostoner legen nach kurzem Dudelsack-Intro direkt los und starten eine riesige Party, die den gesamten Set und darüber hinaus andauert. Die Livequalitäten der Folk Punker, die inzwischen wesentlich braver aussehen als früher, sind unumstritten und so geht das Publikum kollektiv steil. Leider verpasse ich den Schluss des Sets, denn mein Daumen ist inzwischen taub und ich statte den Sanis einen weiteren Besuch ab. Echt nette Leute übrigens, nur ist in deren Zelt absolut kein Bier zu bekommen.
Es folgt ein gemütliches Beisammensein auf dem Zeltplatz bevor der unsägliche Mambo Kurt die Painstage (ihr erinnert euch?) nutzt um seinen Krach zu verbreiten, der auch im Entferntesten nichts mit Rock oder Metal oder sonst was zu tun hat. Verdammt, wieso wird dieser Vollpfosten jedes Jahr wieder aus der Versenkung gehievt? Ich verkriech mich in die Koje und denke noch mal über die Zeltstange nach…
Samstagmorgen, ca. 13.00 Uhr. Ich krieche aus meinem Zelt und tatsächlich, die Sonne scheint. Zumindest für kurze Zeit. Noch während ich mich darüber freue bekommen wir die ersten Tropfen ab. Na super. Der befürchtete Platzregen bleibt allerdings aus und so ist, als HARDCUT den zweiten Tag eröffnen, wettermäßig wieder alles beim alten. Könnte schlimmer sein denken sich wohl auch die ca 50 Neugierigen die sich vor der Mainstage versammelt haben um sich die Saarländer an zu sehen. Geboten wird solider Metalcore, der zwar nicht gerade aus den Sitzen reißt, sich aber gut eignet um die letzten Heimorgelklänge aus dem Gehörgang zu pusten.
THE CASTING OUT sind die neue Band von BOYSETSFIRE Frontmann Nathan Gray und Gitarrist Joshua Latshaw. Wie nicht anders zu erwarten präsentiert der Fünfer politisch motivierten Punk mit Hardcore Einschüben. Obwohl ich vorher nicht einen Song kannte, wird mir zum ersten Mal warm ums Herz. Der Sound ist durchschlagskräftig, zugleich eingängig und eignet sich bestens zum Party machen. Ihr solltet unbedingt die Myspace Seite der Band checken.
Weiter geht’s mit SONIC SYNDICATE die hierzulande mit 'Love And Other Desasters' durchgestartet sind und sich als hervorragende, spielfreudige Liveband präsentieren. Den Sound aber als Melodic Death nach alter Schwedenschule zu bezeichnen geht mir allerdings einen Schritt zu weit. Zudem sind die Songs an sich mit grenzwertigem Cleangesang, vorhersehbaren, auf Hit getrimmten Hooks verglichen mit Bands wie MINDEAD oder FIVE FINGER DEATH PUNCH bestenfalls Mittelmaß. Für die erste Wall Of Death und einigen Moshpits reicht es dennoch.
So ist die inzwischen beachtliche Menge bestens vorgeheizt als mit SEPULTURA der heimliche Headliner die Stage stürmt, denen später nicht einmal Lemmy und Co. das Wasser reichen können. Neben Hits vom aktuellen, starken Album 'A-Lex' geben die Brasilianer natürlich auch alte Kracher der Marke "Roots, Bloody Roots" oder "Arise" zum Besten. Derreck Leon Green sieht wie immer ziemlich beeindruckend aus und steht von der ersten Minute an unter Strom. Routiniert aber ohne einen Anflug von Langeweile beweisen SEPULTURA, dass sie nichts von ihrer alten Stärke verloren haben.
CALIBAN liefern danach zwar einen ordentlichen Auftritt ab, können gegen ihre Vorgänger aber nicht anstinken. Der Altersdurchschnitt in den ersten Reihen fällt plötzlich rapide ab, ob es daran liegt, dass man ab spätestens 25 Lenzen nach einem SEPULTURA Gig einfach eine Pause braucht oder ob der erwachsene Teil des Publikums mit dem Metalcore der Ruhrpottler nix anfangen kann sei dahin gestellt. Bei mir war es sicher ne Mischung aus beidem… Wie schon gestern erweist sich die Band vorm Headliner (zumindest in meinen Augen) als totale Fehlbesetzung. THE SUBWAYS spielen britischen Indie (Pop) Rock und wären auf der "Perfect Pain Stage" besser aufgehoben gewesen.
Also mache ich erstmal wieder nen Abstecher zu den Bier- und Merchständen bevor MOTÖRHEAD loslegen. Lemmy, der aus medizinischer Sicht eigentlich schon gar nicht mehr leben dürfte, hat heute einen guten Tag und rotzt ungerührt einen Klassiker nach dem anderen runter. Aber der Meister steht nicht allein im Rampenlicht und so darf auch Mikkey Dee der hinter seinem riesigen Drumkit mal wieder kaum zu sehen ist, in einem ausuferndem Solo zeigen was er kann.
Was soll man mehr sagen, MOTÖRHEAD spielen keinen Rock’n’Roll, MOTÖRHEAD sind der verdammte Rock’n’Roll.
Aufgrund meiner kleinen Verletzung aber auch aus Angst irgendein Trottel könnte wieder ne Orgel aufbauen, haben meine Begleitung und ich unsere Sachen bereits gepackt und verlassen das Festivalgelände schweren Herzens aber trockenen Fußes. Am frühen Sonntagmorgen soll es dann so richtig geschüttet haben…
Bleibt zum guten Schluss noch die gute Organisation zu erwähnen, die den reibungslosen Ablauf garantiert und für durchweg zufriedene Gesichter gesorgt hat. Danke an die freundlichen Mitarbeiter an den Ständen (gell Naddel) und die hilfsbereiten Securitys. Gruß an die freundlichen Nachbarn vom Zeltplatz und last but not least, vielen Dank meiner charmanten Photographin.

Bericht: Alex Wetzke
Photos: Christiane Walter