SUPERIOR, 13.11.2001
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In der Wohnung von Drummer Thomas Mayer traf ich mich mit 4/6 von SUPERIOR - einem der deutschen Aushängeschilder in Sachen progressiv angehauchtem Heavy Metal. Lediglich Keyboarder Jan-Marco Becker und Gitarrist Bernd Basmer mussten passen, da diese mit dem Abmischen der alten Demo-Bänder beschäftigt waren, die demnächst als CD ihre Wiedergeburt erfahren sollen. Sozusagen als Dankeschön für die Fans der ersten Stunde, zu denen ich mich auch zähle. Zudem wurde mir ein erster Höreindruck der im Februar nächsten Jahres erscheinenden neuen CD ´Ultimate Ratio´ vermittelt - und ich kann jetzt schon verraten dass diese CD eine d e r Pflichtanschaffungen des Jahres 2002 für den qualitätsbewussten Metal-Fan sein wird, denn die Scheibe ist ein absoluter Hammer geworden!

< SUPERIOR (v.li. nach re.) Thomas Mayer, Michael Tangermann, Martin Reichhart, u. Michael Müller

Schweres Metall (SM): Erst mal Glückwunsch zu dem doch alles in allem gelungenen Gig im "Quasimoto" in Pirmasens. Wie war euer Feeling dort?

Martin Reichhart (Bass): Endlich mal wieder in der Heimat spielen, das haben wir viel zu lange nicht gemacht! Denn hier kommen wir her - hier ist das Album entstanden. Hier hatten wir unsere ersten Live-Erfolge. Und dann über zwei Jahre in der Heimat nicht zu spielen war schon etwas seltsam. Andererseits mit den zwei Auftritten in Baarlo/Holland und Atlanta/USA im Rücken, waren wir doch sehr motiviert. Leider hatten wir einige Probleme mit der Monitoranlage in der "Quasimoto Music-Hall." Trotzdem hat uns der Auftritt viel Spaß gemacht.

Thomas Mayer (Drums): Es war schon ein komisches Gefühl den Leuten gegenüber die uns zwei Jahre nicht gesehen hatten, viele kennen wir ja sogar persönlich, und einige waren sogar bei Auftritten in Frankreich mit dabei gewesen.

Martin Reichhart: Es war natürlich auch folgende Frage: Wenn man nach so langer Zeit wieder hier in der Heimat spielt, kommt überhaupt jemand? Oder haben die Fans mittlerweile schon ihre Kinder dabei? Hahaha... doch als Nicht-Cover-Band an einem Freitag Abend über 200 zahlende Zuschauer ins Quasimoto zu ziehen war eigentlich positiv.

Michael Müller (Gitarre): Viele Anhänger sagten uns: "Ihr spielt immer nur im Ausland, hier spielt ihr überhaupt nicht mehr!" Dass machte uns auf jeden Fall ein schlechtes Gewissen! Wobei man anmerken muss, dass wir tatsächlich diese zwei Jahre überwiegend im Proberaum verbrachten. Wir hatten uns dort quasi verbarikardiert. Und jetzt sind wir wieder absolut heiß darauf Live aufzutreten! Und dieser Gig im "Quasimoto" - in der Heimat - war für uns doppelte Motivation.

Thomas Mayer: Vor allem mit der Musik der neuen CD im Rücken muss man einfach Live spielen! Wir müssen diese Musik jetzt auch an die Leute weitergeben, die so lange darauf gewartet haben.

Martin Reichhart: Genau! Der Aufnahmeprozess - sprich die Studioarbeit - war die Pflicht, und die Live-Auftritte sind für uns jetzt die Kür.

SM: Erzählt doch mal über die Gigs Anfang November bei den Prog-Metal-Festivals in Baarlo/Holland und insbesondere in Atlanta/USA; wie waren Eure Eindrücke und wo seht ihr die Unterschiede zu Deutschland? 

Martin Reichhart: Also der Gig in Baarlo war ganz wichtig, weil dass der erste Auftritt nach diesen zwei besagten zwei Jahren war. Man weiß dann überhaupt nicht mehr ob man auch wirklich richtig fit ist um Live zu spielen bzw. wo man steht. Denn normalerweise braucht man immer einige Warm-Up-Gigs nach so relativ langer Zeit. Aber trotz allem ging es dort unheimlich gut ab für uns. Doch unser Keyboarder Jan Mario Becker wurde kurz vor diesem Gig in einen Autounfall verwickelt, und hatte sich schwer an der Schulter verletzt, so dass er beim Konzert einfach nicht mitwirken konnte. Im ersten Moment denkt man dann natürlich: "Oh Scheiße, was machen wir jetzt?" Doch dann haben wir in einer Nacht- und Nebel-Aktion unser Programm umgestrickt, und unser Gitarrist Michael Müller übernahm dann notgedrungen die Keyboard-Parts.

Michael Müller: Ich denke dass dies aber auch eine Motivation war zu sagen: "Jetzt erst recht!" Was dann letztendlich auch von der Bühne gut ´rüberkam. Zudem war die Publikums-Resonanz in Baarlo extrem gut, und für uns war der Gig natürlich auch sehr wichtig, bezüglich der Promotion für unsere neue CD. Zumal wir im Hinterkopf hatten dass es in einigen Wochen nach Atlanta geht, und so haben wir den Gig dann durchgezogen! In Atlanta war es dann eine Riesen-Sache. Die Halle war ausverkauft, ca. 1.200 Leute, vor allem war die Halle fast wie ein Theater ausgestattet - mit Balkonen, teilweise Kinoähnliche Sitze, etc. Auch wussten wir nicht so recht was uns erwarten würde, zumal am Vorabend die Fan-Resonanz doch sehr verhalten war, bis auf den Auftritt des Headliners SYMPHONY X, bei denen dann endlich Stimmung aufkam. Doch als wir dann am nächsten Tag, so gegen 18:00 Uhr(!) auf die Bühne kamen, und unser Intro lief, geriet das Publikum dort sofort außer Rand und Band. Als dann der Vorhang aufging und wir sahen dass die Halle bis auf den letzten Platz gefüllt war, gab uns dass schon ein ziemlich geiles Gefühl. Das erste mal in den Staaten, und dann gleich so ein Empfang! Vor allem kannten die Leute jeden unserer Songs, sie sangen jede Note mit. Das hat uns natürlich einen riesigen Motivationsschub gegeben!

Martin Reichhart: Wir waren sehr erstaunt wie viele Fans wir in den USA haben. Richtige Fans! Es ist ganz ungewöhnlich wenn man Tausende Kilometer über den Atlantik fliegt, um dann festzustellen dass es Leute gibt die anscheinend besser über einen Bescheid wissen wie man selbst (allgem. Gelächter)! Diese Leute kannten alle unsere Texte auswendig - Unglaublich!

Thomas Mayer: Es war schon ein ungewöhnliches Gefühl für uns, dass irgendwelche wildfremden Menschen einen kennen, und dich mit deinem Vornamen ansprechen! Obwohl wir vom Outfit her jetzt schon wieder anders aussehen als zu Behind- oder Younique-Zeiten.

Michael Müller: Mit Sicherheit war dieser Auftritt in Atlanta die bisherige Krönung unserer Laufbahn. Zum ersten ist es für jede Band ein Traum in den Staaten spielen zu dürfen, zum zweiten war es für uns ein voller Erfolg, und man merkte dass sich die Fans dort wirklich auf uns gefreut hatten. Dass ist auch ein Unterschied zu Deutschland. Live-Auftritte haben in den USA oder Frankreich ganz einfach einen anderen Stellenwert wie hier. 

Thomas Mayer: Dazu muss man auch sagen dass die Konzerte ungleich teurer sind wie hierzulande, die Fans sind allgemein bereit finanziell mehr für solche Events zu opfern. Da geht auch kaum einer weg und holt sich ein Bier, die Leute bleiben vor der Bühne stehen, und wollen keine Sekunde versäumen!

SM: Welche Bands waren an diesem 2-tägigen Prog-Metal-Festival in Atlanta eigentlich noch am Start?

Michael Müller: KAMELOT, ARK mit Jorn Lande - einem tierischen Sänger! Eine Mischung aus David Coverdale u. Ronnie James Dio. Dann EVERGREYdie auch total abräumen konnten, BALANCE OF POWER und die schon erwähnten SYMPHONY X.

SM: Wo wurde die neue CD ´Ultimate Ratio´ aufgenommen und wie würdet ihr den Stil der darauf enthaltenen Songs bezeichnen?

Martin Reichhart: Also das meiste wurde im ROKO-Sound-Studio aufgenommen, außer meinen Bass - Tracks, die ich im Studio der befreundeten Band PANAMA! in Zweibrücken aufnahm. Da dort eine total relaxte Atmosphäre herrscht, und ich vor allem deren Gitarrist Patrick Fey schon seit meiner Schulzeit kenne. Dass war einfach cool gewesen, denn in den ROKO-Studios hätte ich mit Sicherheit zwei Tage mit den Bass - Aufnahmen verbracht, was natürlich wiederum zu Lasten unseres Budgets gegangen wäre.

Michael Müller: Nun zur stilistischen Ausrichtung: Persönlich würden wir unsere derzeitige Richtung nicht unbedingt als Progressive-Metal bezeichnen, denn z.B. Power Metal-Fans werden bestimmt auch Gefallen an unserer neuen Scheibe finden. Es ist auf jeden Fall nicht mehr so experimentell und komplex wie die Vorgänger-Scheibe ´Younique´. Es ist straighter, der Sound ist fett - Ultrafett - sehr heavy, sehr stark Gitarrenorientiert. 

Martin Reichhart: Unserer Inspirationen kamen aus der Ecke unserer Faves ´Operation Mindcrime´ von QUEENSRYCHE und dem ´Black Album´ von METALLICA. Das sind eigentlich die Alben die jeden von uns beeinflusst haben. Wir haben uns auch damals darüber geärgert, dass von diesen beiden Bands in deren damals eingeschlagene Richtung nichts mehr nachkam! Und dies war eigentlich auch eine Motivation für unser neues Album. Quasi die Inspirationen aus diesen beiden Meilensteinen zu nutzen. 

Michael Müller: Vor allem wollten wir mit dem neuen Album tatsächlich Kino für die Ohren machen, mit einem vernünftigen Konzept, und dem Saft und der Power die einfach dazugehört.

SM: Wie sieht es hinsichtlich weiterer Tournee-Aktivitäten bezüglich der neuen CD aus, bzw. ist eine Release-Veranstaltung geplant?

Martin Reichhart: Also Tournee-Aktivitäten hat unser französisches Label schon ins Auge gefasst, aber nicht als Support-Act, sondern einige wirklich aufwendige und auch schöne Konzerte, wo dann auch das komplette Konzept-Album als solches präsentiert wird. Wahrscheinlich auch mit einigen Animationen d.h. Leinwänden usw. 

Micheal Müller: So wie es momentan aussieht sind diese Gigs für den Mai nächsten Jahres geplant, die CD-Release Party ist in Katzweiler in der Mehrzweckhalle vorgesehen. Der genaue Termin steht noch nicht fest.

SM: Kann man bei den nächsten Live-Auftritten mit Demo-Klassikern der Marke "Odyssey" rechnen, oder habt ihr endgültig mit diesen Zeiten abgeschlossen?

Martin Reichhart: Es ist eigentlich so, dass der Großteil der jetzigen Band-Besetzung die damalige Demo-Zeit eigentlich gar nicht miterlebte, dass muss man einfach so sehen. Natürlich gibt es vor allem hier in der Gegend viele Die-Hard-Fans die Stücke wie "Odyssey" nach wie vor vergöttern und uns gefallen diese Tracks natürlich auch noch, doch diese Songs passen einfach nicht mehr zu unserem jetzigem Line-Up. Jedoch haben wir unsere alten Demo-Tapes ausgegraben, ge-re-mastered und bringen diese als einmalige Limited - Edition und "Bonbon" für die angesprochenen Die-Hard-Fans heraus.

SM: Welche Bands oder Musiker aus dem Heavy Metal-Bereich haben Euch besonders beindruckt bzw. beinflußt?

Michael Müller: Natürlich die Bands der New Wave Of British Heavy Metal wie JUDAS PRIEST, DEF LEPPARD, IRON MAIDEN und natürlich auch ACCEPT...

Michael Tangermann (Gesang): ... und natürlich MOTÖRHEAD... 

Michael Müller: Ja genau, hahaha... Lemmy hat Michael´s Gesang sehr beeinflusst hahaha... und er hat z.B. damals in den Achtzigern dieses famose Konzert mit ACCEPT, JUDAS PRIEST u. DEF LEPPARD gesehen, da könnte ich mir noch heute in den Allerwertesten beissen dass ich da nicht dabei war...   ... und Bandübergreifend haben uns wie zuvor auch schon gesagt natürlich auch METALLICA und QUEENSRYCHE sehr beeindruckt. Als Musiker kann man die Gitarristen George Lynch, Yngwie Malmsteen, Eddie Van Halen nennen. Aber auch Ronnie James Dio muss man von seinen Gesang-Hooklines und Song-Ideen her als Einfluss nennen, obwohl unser Sänger Michael damit überhaupt nicht konform geht (Gelächter)

Michael Tangermann: Das stimmt, Dio hat mich als Sänger eigentlich noch nie so sehr beeinflusst.

SM: Wie steht ihr im Nachhinein zu Eurer zweiten, doch sehr experimentellen CD ´´Younique´?

Martin Reichhart: Nun, im Nachhinein war es eigentlich schon ein wichtiger Schritt für uns gewesen, jedoch muss man klar sagen dass wir mit dem Sound inzwischen eigentlich nicht mehr so zufrieden sind, da er ein bisschen zu steril wirkt. Vom technischen Standpunkt her gesehen war es eigentlich schon okay, jedoch
haben uns bei Younique einfach das Feeling und die Emotionen gefehlt. Auch kam unser Sänger Michael einfach zu kurz, war aufgrund der experimentellen Stilrichtung einfach unterfordert und limitiert gewesen.

Michael Tangermann: Wir wollten einfach mal wissen wie die Leute auf diesen Stilwechsel reagieren, bzw. in welche Schublade sie uns jetzt wohl stecken würden.... (allg. Gelächter)

SM: Habt Ihr eigentlich das Ziel von Eurer Musik einmal leben zu können, oder betrachtet ihr dies lediglich als Hobby, daß jedoch mit enormem Zeitaufwand und Idealismus verbunden ist?

Michael Müller: Nun, dazu muss man sagen weder noch. Es ist halt einfach so dass man schon etliche Einheiten verkaufen muss, um annähernd davon leben zu können. Zudem muss man innerhalb eines Jahres direkt ein Nachfolgealbum ´rausbringen, und dann geht es halt schon ins absolut professionelle, d.h. man hat eigentlich gar keine Zeit mehr etwas anderes wie Musik zu machen. Im Moment machen wir uns darüber keine Illusionen, obwohl es natürlich schon am Rande der Vollprofessionalität steht, was momentan bei uns jetzt kurz vor der Veröffentlichung von Ultimate Ratio so abgeht.

Michael Tangermann: Ich denke man müsste tatsächlich in die Charts kommen, also in die Top Ten, um auf Dauer von unserer Musik leben zu können.

SM: Eine Frage an Euren Sänger Michael Tangermann: Zweifellos gehörst du zu den besten deutschen Sängern im Metal-Bereich. Welche Sänger haben dich am meisten beeinflußt, und hattest du jemals Gesangsstunden?

Michael Tangermann: Also beeinflusst hat mich auf jeden Fall Geoff Tate (Queensryche), dann Graham Bonnet zu ALCATRAZZ- und RAINBOW-Zeiten. Gesangsstunden hatte ich tatsächlich mal, aber nur wenige, und im Nachhinein muss ich auch sagen dass mir dieses eigentlich nicht viel gebracht hat, da ich von der Atemtechnick her gesehen, eigentlich schon damals ziemlich richtig lag. Am meisten profitiert habe ich von der Proberei, hier mit diesen Kollegen, da musste ich immer gegen die Lautstärke der Gitarristen ansingen (allgem. Gelächter), und natürlich die Auftritte und die Erfahrungen die man im Laufe der Zeit sammelt, also alles quasi antrainiert.

Michael Müller: Ja genau, und jetzt singt er die größten Gesangsanlagen kaputt... hahaha..

SM: Zu guter letzt, was möchtet ihr unseren Lesern an dieser Stelle noch mitteilen?

Michael Müller: Kaufen, kaufen, kaufen... (allgem. Gelächter). Ja wir hoffen dass wir die Fans die Behind damals unheimlich gemocht haben, jetzt mit der neuen Scheibe wieder versöhnen können, und die Leute die Younique damals für gut befunden hatten, die Toleranz aufbringen sich unsere neue CD in aller Ruhe zu Gemüte zu führen, und auch an weniger komplexen Soundstrukturen Gefallen finden werden.

SM: Ich bedanke mich für die Zeit die Ihr Euch - in dieser jetzt stressigen Promo-Phase - für uns genommen habt.

(Pit Schneider, Dezember 2001)