MIND´S EYE, 25.04.2002
www.roundrec.com

Die Schweden MIND`S EYE legten zuletzt mit ´A Work Of Art´ ein sehr starkes Album vor, welches jedem Fan von hochwertiger, progressiver Rock Musik zusagen müsste. Besonders die songdienlichen Kompositionen, jenseits selbstdarstellerischer Frickelei und der klare, ausdrucksstarke Gesang sind wohl die wichtigsten Trademarks des Quartetts. Doch lassen wir Gitarrist Fredrik Grünberger und Sänger Andreas Novak selbst zu Wort kommen.

Schweres Metall (SM): Vorab möchte ich euch mitteilen das Euer aktuelles Album mich durchweg überzeugte, und sogleich in unsere Rubrik „Prog-Ecke“ bzw. „Prog-Highlights“ aufgenommen wurde - also in direkter Nachbarschaft zu solchen Meisterwerken wie MARILLION`S ´Fugazzi´ und ´Moving Pictures´ von RUSH! Erzählt uns doch ´mal aus den Anfangstagen von MIND`S EYE.

Fredrik: Wow! Das ist eine große Ehre für uns! RUSH sind großartig! Danke! Nun, wir haben bislang zwei Alben veröffentlicht. Das erste nennt sich ´Into The Unknown´ auf Sensory (USA), das zweite heisst ´Waiting For The Tide´ und wurde auf Round Records hier in Schweden veröffentlicht. Wir sind jetzt ungefähr 4 Jahre mit unserem „neuen“ Sänger Andreas Novak zusammen. Die vorherigen Sänger waren Johan Persson (SCUDIERO), Robert Force (HEAD OR TALES), Thomas Wikström (CANDLEMESS) und German Pascual (DJ MENDEZ). Daniel, Johann und Ich trafen uns damals auf dem Gymnasium, und seit dieser Zeit sind wir eigentlich auch als Band zusammen. Wenn ihr unsere komplett Biographie lesen möchtet, dann besucht doch unsere Webside: www.roundrec.com

SM: Seid ihr mit Songs und Produktion des aktuellen Albums vollauf zufrieden?

Fredrik: Rückblickend gesehen denke ich das wir mit dem Album sehr zufrieden sein dürfen. Wie versuchten den technischen Anspruch sowie das Songwriting und die Arrangements in Einklang zu bringen. Es gibt schon genügend Bands da draußen die zu viel Wert auf die technische Seite legen! Wir haben diesmal alles um den Gesang herum aufgebaut und halten dies auch für eine sehr wichtige Vorgehensweise.

SM: Ich habe gelesen das ihr Euch Euer eigenes Studio eingerichtet habt. Wollt ihr dort Euer nächstes Album aufnehmen und habt ihr vor in Zukunft auch andere Bands dort zu produzieren?

Fredrik: Die Sache mit dem Aufbau des eigenen Studios hatte in erster Linie damit zu tun, das man in gemieteten Studios sehr schnell ein Budget-Problem bekommen kann. Es ist eine sehr  relaxte Atmosphäre beim Aufnehmen einer Platte wenn man nicht ständig auf die Uhr schauen muss!

Andreas: In unserem Studio ist ein Equipment vorhanden welches man braucht um qualitativ hochwertige Alben abliefern zu können. Sehr wahrscheinlich nehmen wir unser nächstes Album dort sozusagen „Live“ auf, also an einem Stück, d.h. alle Instrumente und der Gesang werden synchron aufgenommen.

SM: Erzählt uns doch etwas über die Metal/Rock-Szene in Schwerden. Wie sieht es dort mit Auftrittsmöglichkeiten für eine progressive Rock Band wie MIND`S EYE aus?

Fredrik: Ich sage jetzt einfach mal folgendes: Hier bei uns gibt’s praktisch nichts diesbezüglich! Nirgends kann man auftreten und lediglich eine Handvoll Leute interessieren sich für aktuelles aus der Szene.

Andreas: Die generelle Situation für Live-Gigs in Stockholm hat sich um einiges gebessert in laufe der letzten drei, vier Jahre. Aber viel Auftrittsmöglichkeiten für die Art von Musik wie wir sie spielen gibt es auch dort nicht. Der Progressiv-Rock ist einfach nicht trendy genug für einige Rock-Clubs. Also so lange wie wir unseren melodischen, tighten Stil praktizieren, werden wir wohl auf die Gelegenheit bzw. die Einladungen zu einigen größeren Festivals ein Deutschland warten müssen! (Aufgemerkt liebe Konzertveranstalter! Der Autor).

SM: Habt ihr in nächster Zeit Live-Auftritte geplant, evtl. sogar in Deutschland?

Fredrik: Alles wird davon abhängen wie gut sich unser Album verkauft. Wir sind nicht daran interessiert an diesem pay to play-Konzept, also daran dass wir bei Konzerten auch noch etliches draufzahlen müssen. Wenn wir also Gigs spielen dann organisieren wir das ganze Drumherum richtig.

Andreas: Ich würde liebend gerne nach Deutschland kommen um dort aufzutreten, aber momentan ist noch nichts diesbezüglich geplant. Wir warten die Reaktionen auf das kürzlich erschienene Album ab und entscheiden dann war zu tun ist.

SM: Wie ist Eure Meinung zur momentanen Progressive Rock/Metal-Szene im allgemeinen? Denkt ihr dass demnächst noch mal ein solcher Boom entstehen könnt wie damals Anfang der 90er, als DREAM THEATER mit ´Images And Words´ gross durchstarten und die Türen für andere Prog-Acts aufstoßen konnten?

Fredrik: Ich denke das die progressive Szene ziemlich tot ist, da einfach nichts interessantes mehr veröffentlicht wird. Ich sehe uns selbst eigentlich nicht mehr als progressive Metal Band. Was wir momentan versuchen ist gute Songs zu schreiben, mit guten Arrangements und einer guten Produktion. Dass ist es was zählt! Die generelle Kategorisierung der Musik - also in Pop, Rock oder was auch immer ist nicht wichtig. Keiner spielt im Fünf/Viertel-Takt nur um des Taktes willen.

Andreas: Wollen wir hoffen das demnächst wieder ein Aufschwung kommt, es ist jetzt zehn Jahre her das DREAM THEATER Geschichte damit schrieben uns vor der Grunge-Bewegung zu retten. Solche Bands die gegen den Strom und den fetten Arsch der Mainstream-Musik-Industrie schwimmen faszinieren mich.

SM: Andreas, nun eine Frage an dich. Ich bin sehr beeindruckt von deiner Gesangsleistung auf ´A Work Of Art´. Bis du der Meinung das eine klassische Gesangsausbildung - wie du sie ja abgeschlossen hast - für einen Sänger in einer Rock/Metal Band wichtig ist?

Andreas: Danke! Ich würde mich selbst als ein Naturtalent als Sänger bezeichnen, aber aus bestimmten Gründen klinge ich nicht mehr so wie noch vor einigen Jahren. Nämlich deswegen weil ich die Wichtigkeit einer guten Gesangstechnik erkannt habe. Es ist egal ob du Hard Rock oder an einer Oper singst, die Atemtechnik ist die gleiche. Der Unterschied ist folgender: Opernsänger nehmen den Klang ganz weit hinten aus dem Mund, sie schlucken quasi die Vokale, welches ein sehr guter Weg ist die Stimme zu schonen. Die Technik eines Rock-Sängers ist dagegen viel offener, vorwärts gerichtet und intensiver, und meistens noch mit selbst antrainierter Verzerrung der Stimme, was dazu führt das die Stimme viel eher an Kraft verliert. Wenn du also nicht auf deine Stimme achtest, kann ein Versagen dieser eine komplette Tournee über den Haufen werfen! Obwohl viel gute Sänger sich selbst trainieren, würde ich jedem ernsthaften unter ihnen empfehlen einige Gesangsstunden zu nehmen.

SM: Von welchen Bands oder Musikern fühlt ihr Euch beeinflusst oder beeindruckt?

Fredrik: Von kreativen, extrem talentierten Musikern, die niemals damit aufhören mich mit ihrem Können zu überraschen, wie z.B. Kip Winger und Sting. Genauso Leute bei deren Alben ich mit jedem erneutem Anhören immer wieder neue Kleinigkeiten/Soundelemente entdecke, wie bei Phil Collings, Seal und Steve Vai.

SM: Frederik, zusammen mit einem alten Freund hörte ich mir in meinem Wohnzimmer Euer aktuelles Album an. Er war sehr beeindruckt und meinte das Gitarrenspiel erinnere ihn phasenweise an die alten SAGA-Scheiben. Was sagst du zu dieser Meinung?

Fredrik: Um ehrlich zu sein habe ich noch gar nicht so viel von SAGA gehört. Ich glaube ich besitze ein einziges Album der Band mit dem Titel ´Wildes Dreams´. Und auf diesem ist echt großartige Musik, also betrachte ich diesen Vergleich als Kompliment. Ich bin wahrscheinlich der Musiker aus dem sogenannten Progressiv-Bereich mit dem geringsten Wissen über andere Progressiv-Bands. Dies kann problematisch sein, weil ich Musik im allgemeinen aus einer anderen Sichtweise angehe wie andere Leute. Wie schon zuvor erwähnt lehne ich es grundsätzlich ab die Musik die ich mir anhöre zu kategorisieren. Ich höre auf andere Dinge wie z.B. die Songs an sich, die Arrangements, Produktion, die Ausstrahlung des Künstlers bzw. der Band. Es interessiert mich einfach nicht ob irgendeine Musik als progressiv im üblichen Sinne angesehen wird. Für mich persönlich sind Kip Winger oder Sting weitaus progressiver als die meisten anderen, und zwar aus dem Grund weil sie so unheimlich kreativ sind und immer wieder mit neuem interessantem Stoff daherkommen. Zudem lassen sie nie die Wichtigkeit des puren Songs an sich außer Acht. Dies ist der Grund dafür das ein Song wie „Rainbow In The Rose“ von Winger immer noch so großartig ist, obwohl er schon mehr als zehn Jahre auf dem Buckel hat. Ich denke das wir mit MIND`S EYE diesen soeben beschriebenen Weg der Songdienlichkeit mit dem aktuellen Album begonnen haben zu beschreiten. Aber es liegt noch ein sehr weiter Weg vor uns.

SM: War jemand von Euch schon einmal in Deutschland bzw. was habt ihr von unserem Land und der Rock/Metal-Szene gehört, speziell dem Prog-Bereich?

Andreas: Ich war schon ziemlich oft in Deutschland, speziell München mag ich sehr. Als ich 15 Jahre alt war bereiste ich die damalige DDR und West-Deutschland. Es war eine schockierende Erfahrung für mich, die Wahrheit hinter dem eisernen Vorhang zu enthüllen. Ich erinnere mich daran dass ich den Jugendlichen in der DDR mein amerikanisches Hard Rock-Magazin gab sowie Coca Cola - sie fühlten sich wie zu Weihnachten! Ich bin sehr froh das diese Leute inzwischen von der russischen Regentschaft befreit sind. In den damaligen Tagen hörten ich viel Musik der SCORPIONS.

SM: Welche noch lebenden Personen würdet ihr gerne einmal kennen lernen?

Fredrik: Wahrscheinlich Richard Branson, um zu sehen wie er unser nächstes Album finanziert, dann könnten wir in einem richtig tollen Studio aufnehmen und hätten Kip Winger als Co-Produzenten und Mike Shipley zum Mixen. Vielleicht könnten wir dann noch Mutt Lange dazu bringen uns bei den Backround-Vocals zu helfen. Und John Williams könnte vielleicht noch einige Arrangements übernehmen hahaha...

Andreas: Nur niemand der mit Politik zu tun hat, wie wär´s denn mit Jennifer Lopez?

SM: Ich bedanke mich bei Euch für dieses Interview. Letzte Worte von MIND`S EYE an unsere Leser bzw. die deutschen Rock/Metal-Fans?

Fredrik: Es war ein Vergnügen dieses Interview zu machen, und ich hoffe dass dir unser neues Album gefällt (in der Tat ! Der Autor). Es unterscheidet sich sehr von den beiden Vorgängern, aber aus unserer Sicht in positiver Weise.

Andreas: Holt uns nach Deutschland!

(Pit Schneider, April 2002)