CUSTARD, 14.09.2005
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Custard aus Herne haben mit ihrem aktuellen Album ´Wheels Of Time´ klar gemacht daß sie immer noch zu den bemerkenswertesten Underground Bands Deutschlands gehören, und kein Fan der alten Helloween an ihnen vorbei kommt.
Drummer Chris lies sich nicht lange zum Gespräch bitten, aber lest selbst.

Schweres-Metall (SM): Zwischen Eurer letzten CD "For My King" und der aktuellen CD "Wheels of time" liegen ja 5 Jahre, in denen bei Custard einiges passiert ist. So konntet Ihr ja mittlerweile zum belgischen Label Mausoleum Records wechseln.
Was gab den Ausschlag dazu?

Chris: Mit der letzten Scheibe "For My King" waren wir bei Last Episode / B.O. Records unter Vertrag. Das Label ist pleite gegangen und so standen wir wieder ohne Deal da. Wir haben "Wheels of Time" zunächst in Eigenregie aufgenommen und erst dann den Kontakt zu anderen Labels gesucht. Wir waren echt erstaunt, dass trotz der langen Wartezeit noch viele Label Interesse an Custard hatten und so konnten wir aus einigen Angeboten auswählen. Letztendlich haben wir uns für Mausoleum entschieden, weil Labelboss Alfie mit einigem Herzblut bei der Sache zu sein scheint. Die Zeit wird zeigen, ob wir uns getäuscht haben. Mit Finanzen hat diese Entscheidung absolut nichts zu tun; wir hatten wesentlich lukrativere Angebote als das von Mausoleum.

SM: Wie lange habt Ihr denn an "Wheels Of Time" gearbeitet und wie kam es zu dem Besetzungswechsel?

Chris: Die Labelpleite hat sicher auch dazu beigetragen, dass zwei recht wichtige Leute Custard verlassen haben. Diese Lücken mussten zunächst geschlossen werden und so haben wir erstmal eine zeitlang viel live gespielt um mit den neuen Leuten warm zu werden und als Band zusammenzuwachsen. Erst als das okay war haben wir begonnen neue Songs zu schreiben; was auch Anfangs alles andere als rund lief. So ist einfach einige Zeit ins Land gegangen bevor wir bereit waren ein neues Album aufzunehmen. Die Zeit für das Songwriting kann ich garnicht beziffern, aber die eigentlichen Aufnahmen gingen relativ fix von der Hand. Da wir aber keine Veröffentlichungstermine im Nacken hatten, haben wir uns bei Mix und Mastering ziemlich viel Zeit gelassen.

SM: Wie geht Ihr eigentlich an die Komposition neuer Stücke heran?

Chris: In der Regel entsteht zunächst die Musik. Riffs werden kombiniert, Bass und Drums werden ausgearbeitet und das Arrangement steht nahezu komplett, bevor Text und Gesangslinien hinzugefügt werden. Ausnahmen bestätigen die Regel; so ist z.B. der Song "Sunrise" vom aktuellen Album komplett aus der Gesangslinie von Guido entstanden.

SM: Wie sind denn bisher die Reaktionen auf Euer neues Album "Wheels of Time" ausgefallen und wie gefällt Dir persönlich Euer neues Werk?

Chris: Bis auf wenige Ausnahmen sind die Reaktionen der Presse ordentlich bis hervorragend. Wir haben nicht vor es jedem Recht zu machen und so müssen wir mit Kritik leben. Als Tenor zeichnet sich ab "jeder, der generell mit fixem Power Metal klarkommt ist mit Wheels of Time hervorragend bedient". Seitens der Fans kommt klar zum Ausdruck, dass wir uns zwar musikalisch gut weiterentwickelt haben, aber sicher nicht unserer Linie untreu geworden sind. Was wollen wir mehr!? Persönlich würde ich, wenn ich das Album Heute nochmal produzieren könnte, sicherlich einiges anders machen. Zum Beispiel haben wir, meiner Meinung nach, zuviel Wert auf die Transparenz und eine "aufgeräumte" Produktion gelegt. Es ist etwas Rotzigkeit und somit Druck verlorengegangen. Das ist aber reine Geschmacksache; die Produktion wir eher selten kritisiert und ist ganz klar auf hohem Niveau.

SM: Ihr habt am 10. Sept. beim Rocktown-Festival mit Skyclad gespielt. Wie kamen denn die neuen Stücke beim Publikum an?

Chris: Wow, Rocktown war diesmal eine stressige Sache für uns, da wir mehrere Stunden im Stau standen und direkt aus dem Bus auf die Bühne mußten. Zumindest haben wir es geschafft, trotz sagenhafter Temperaturen in der Halle viele Leute vor die Bühne zu locken. Man erzählte mir, dass dies an dem Abend bisher noch keine Band geschafft hatte. Also gehe ich mal davon aus, dass die neuen Songs ziemlich überzeugt haben. Wir haben ja bereits 2001 auf dem Rocktown Festival gespielt, damals noch Open Air und da durften wir als Headliner auf die Bretter.

SM: Wie sieht´s denn mit weiteren Tourneeplänen aus? Gibt´s Aussicht auf eine größere Tour?

Chris: Bisher bestätigt sind noch einige Festivals und Clubshows in diesem Jahr. Natürlich sprechen wir auch mit einigen Leuten über eine ordentliche Support-Tour und hoffen, dass diese nicht mehr lange auf sich warten lässt. Bestätigt ist allerdings noch nichts und darum möchte ich auch keine Gerüchte in die Welt setzen, ich hoffe Du verstehst das. Bei solchen Dingen wird viel geredet und was letztendlich dabei herauskommt ist meist etwas völlig anderes als angedacht. News und Tourdaten findet Ihr aber immer brandaktuell auf unserer hervorragenden Webseite www.custard.de

SM: Gibt´s einen Wunschkandidaten, mit dem Ihr gerne mal touren würdet?

Chris: Klar, da hat jeder Musiker seine eigene Vorstellung. In nahezu jedem Review zur neuen Scheibe steht als Refferenz "Helloween zu Keeper oder Walls of Jericho-Zeiten", da wäre es natürlich traumhaft, mal mit Helloween zu Touren. Leider ist der Support für die kommende Tour aber schon mit Primal Fear besetzt- also gucken wir in die Röhre. Es gibt aber einen Haufen weiterer Bands die uns sehr gut stehen würden: Maiden, Accept, Stratovarius, Hammerfall, Sonata Arctica, Gamma Ray... nur um mal einige zu nennen.

SM: Von welchen Bands wurdest Du bzw. Deine Bandkollegen beeinflusst?

Chris: Wir kommen aus ziemlich unterschiedlichen Lagern was den Musikgeschmack angeht. Guido, Karsten und ich sind noch am ehesten auf einer Wellenlänge; wir hören vornehmlich Power Metal und sind sicher auch beim Schreiben davon beeinflusst. Jens kommt aus dem Rock´n Roll und Blues Bereich und unsere eigene neue Scheibe ist mit Abstand die schnellste und härteste CD in seinem Schrank. Holger hingegen geht steil auf US Metal wie z.B. Heathen oder auch Overkill, er bringt den Anteil "Thrash" in unsere Songs mit ein.

SM: Wie sieht denn die Metalszene in Eurer Heimatstadt Herne aus?

Chris: Es geht so. Es gibt eine passable Musiker-Szene und einen Haufen Bands. Allerdings ist es für diese ziemlich schwer hier im Ruhrgebiet die nötige Aufmerksamkeit zu bekommen, da hier ein ziemliches Überangebot an Konzerten, Discos und Events herrscht. Es gehen leider wenig Leute auf Gigs von Underground Bands, was sicherlich damit zusammenhängt, dass wir einige Locations im Umfeld haben, die oft auf Tourplänen von grüßeren Acts stehen. Lieber zum 20sten mal Maiden für 50 Euro als 4 gute Newcomer für 5 Euro. Das kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.

SM: Wie sehen Deine Zukunftspläne mit CUSTARD aus?

Chris: Reich und berühmt werden *grins* Nee, quatsch. Wir machen alle Musik, weil uns das Spaß macht. Natürlich ist es schön, wenn man damit auch etwas Erfolg hat. Letztendlich will ich mit Custard so weit wie möglich kommen und so sehen meine Kollegen das auch. Wir haben allesamt ganz gute Jobs, zum Teil Haus und Familien zu ernähren, darum ist es utopisch zu erwarten, dass man mit der Musik irgendwann genug verdient um den "normalen" Job an den Nagel zu hängen. Aber- wer weiß...

SM: Danke für das Interview, Chris! Letzte Worte an unsere Leser bzw. die deutschen Metal-Fans?

Chris: Ich habe zu danken. Denkt bitte alle mal drüber nach: Wo geht Ihr hin, wenn Priest, Accept und Maiden in Rente gehen??? Runter von der Chouch und guckt Euch für kleines Geld einige der hervorragenden Underground-Bands an die es wert sind gehört zu werden und unterstützt sie, damit Eure Enkel auch noch Heavy Metal haben und nicht gezwungen sind MTV-VIVA Plastik Musik zu hören.

(Yvonne Bernhard, September 2005)