CORNUCOPIA, 08.01.2002

Die Braunschweiger Death Metaller Cornucopia sind schon seit einiger Zeit im Underground aktiv. Vor kurzem haben sie mit "Collapse" ein anständiges Demo veröffentlicht, welches fast überall gute Resonanzen hervorrief. Ich sprach mit Bassist Christian und Sänger Thomas, die nicht nur gute Musiker sondern auch recht intelligente Leute sind, über einige interessante Themen.

Schweres-Metall (SM): Erzählt mal ein bisschen, seit wann gibt es Cornucopia und wie seid ihr dazu gekommen, Musik zu machen?

Thomas: Cornucopia gibt es schon 1994 !!! Ich habe damals die Band mit unserem ehemaligen Drummer Wolfgang  ins Leben gerufen. Im April 1996 haben wir 3 Songs auf dem CD – Sampler „Children of Tomorrow Vol. 4” beigesteuert. Durch diverse Probleme kamen wir aber nicht weiter, so dass im Jahr 1998 Sänger und Bassist wegen Stagnation ausstiegen. Einige Zeit lang spielten Drummer Wolfgang und ich dann  zu zweit. In der Zeit habe ich auch angefangen den Gesang zu übernehmen. So ergab es sich, dass ich beides probierte und gefallen daran fand. Von dem Punkt an war uns klar, dass wir am liebsten in der klassischen Trio Besetzung weitermachen wollten. Es war sehr mühselig, einen  fähigen Bassisten zu finden,  bis im September 2000 Christian zu uns stieß. Jetzt hatte Cornucopia endlich einmal einen fähigen Bassmann der gute Ideen hatte, sich voll einbrachte und zudem eigene Songs schrieb. Daraufhin komponierte man einige Songs und machte ein paar Auftritte. Bis dann Drummer Wolfgang Anfang 2001 ausstieg. Er konnte sich nicht mehr mit dem neuen Stil von Cornucopia anfreunden, den auch Christian klar mit geprägt hat.  Das war ein harter Schlag für mich, weil ich ja schon seit 1994 mit ihm zusammen gespielt habe. Das Drummerproblem war glücklicherweise schnell gelöst, denn Christian fragte seinen ehemaligen Drummer Claas, ob er Interesse hätte, bei Cornucopia einzusteigen. Claas fand unsere Musik sehr gut, und entschloss sich bei uns mit zu machen. Er hat zwar oft wie zuletzt auch, in Metalbands gespielt, hatte aber auch niemals die Möglichkeit, sich so richtig auszutoben und einzubringen. Im Sommer ( Juli/August ) des Jahres 2001 haben  wir  das erste  Demo  in dieser Besetzung aufgenommen. Vorher passierte auch schon etwas geiles, am 22. Mai 2001 spielten wir im Vorprogramm von KRABATHOR. Das war in Salzgitter im Forellenhof und gleichzeitig auch Claas sein erster Auftritt mit CORNUCOPIA.

SM: Habt ihr in der Band jemanden der mehr oder weniger allein für das musikalische Geschehen verantwortlich ist (so eine Art "Mastermind") oder sind alle im Entstehungsprozess der Musik integriert?

Christian: Einen Mastermind gibt es bei uns in dem Sinne nicht. Die Riffs kommen im Grunde zur Hälfte von Thomas und zur Hälfte von mir. Wobei Thomas meistens die heftigeren Riffs bringt, meine Riffs sind eher die groovigen. Ähnlich sieht es bei den Arrangements aus. Claas ist ebenfalls oft mit ins Songwriting integriert, da ich z.B. immer gerne Perkussion Parts wie in Collapse mit einbaue. Ich empfinde es als wichtig, das jeder in der Band sich mit einbringen kann. Wir haben mit Claas einen Drummer der sehr viel draufhat, also soll er sich auch entfalten können. Die Texte stammen in der Regel von Thomas, hin und wieder mal von mir. Was die Bandsachen angehen, also Promotion, Auftritte, Interviews usw. usw. teilen Thomas und ich die Arbeit 50/50. 

SM: Woher nehmt ihr die Anregungen für eure Texte? Sind eure Textinhalte nur "Fantasie Szenarien" oder lasst ihr euch beim Songwriting auch von der Realität und aktuellen Geschehnissen beeinflussen.

Christian: Thomas seine Texte handeln in der Regel von Gentechnik und dessen Missbrauch. Anregungen dafür gibt es mehr als genug im täglichen Weltgeschehen. Meine Texte, wenn wir einen verwenden, haben eher Inhalte wie z.B. SciFi, Fantasy oder die alltägliche Sachen, die mich nerven. Es sind von meiner Seite daher keine klassischen Death/Grindtexte Inhalte zu erwarten. 

Thomas: Fantasien sind ja ganz schön, spiegeln aber nicht unbedingt das Weltgeschehen wieder. Daher schreibe ich lieber von Dingen die mich und bestimmt auch andere bewegen und realitätsnah sind. 

SM: Ein Track der CD behandelt ja das Thema Gentechnik. Soll der Song einfach nur eure Abneigung gegen diese Technologie aufzeigen oder wollt ihr damit Vor- und Nachteile dieser umstrittenen, aber wie ich finde auch faszinierenden, Technologie darlegen und die Leute zum Nachdenken anregen?

Christian: Inzwischen handeln die meisten Texte von diesem Thema. Es ist so, dass dieses Thema viel Stoff und textliche Anregungen bietet. 

Thomas: Sicherlich ist das eine faszinierende Technologie. Doch sollten wir uns vor Augen halten, welche Gefahren sie in sich birgt. Wenn es dazu dient Krankheiten zu heilen, ist nichts dagegen zu sagen. Doch wer kann schon kontrollieren ob es zum Guten oder Bösen genutzt wird. Außerdem gibt es genügend Wissenschaftler und Politiker, die diese Technologie für sich nutzen würden und sicherlich auch nutzen werden. Wir wissen ja gar nicht, was in den Laboren dieser Welt getan wird und keiner wird es jemals kontrollieren können. Und das ist es, was mich nachdenklich macht.

SM: Woher kommt der Bandname "Cornucopia" und was soll er bedeuten? Was hat es mit dem Titel der CD "Collapse" auf sich?

Christian: Der Bandname kommt von unserem ehemaligen Drummer Wumme. Es ist der Titel eines alten Black Sabbath Songs. Eine tiefere Bedeutung hat er für uns in dem Sinne nicht. Wobei Cornucopia im englischen für Füllhorn steht. Im spanischen bedeutet es Spiegel, was uns als sinnig erscheint, da wir in unseren Texten ja immer mal wieder der Menschheit den Spiegel vor Augen halten. Collapse heißt der erste Song auf unserem aktuellen Demo. Da dieser Song vor allem Live sehr geil knallt, fanden wir ihn als Titel sehr passend.

SM: Ist für die nahe Zukunft für euch so was wie ein Deal mit einer Plattenfirma in Aussicht oder werdet ihr auch in Zukunft eure Produkte selbst herstellen und an den Mann bringen?

Christian: Ein Deal ist vorläufig nicht in Sicht. Wir sind aber bester Hoffnung, dass da in der Zukunft etwas passiert. Wir haben vorwiegend gute Kritik für " Collapse " bekommen. Vielleicht wird dadurch mal jemand auf uns aufmerksam, bzw. landen wir nicht gleich in der "KEIN INTERESSE" Kiste. Anfang des Jahres werden wir noch mal was aufnehmen. Mit einem Computer, guten Equipment und ein bisschen KnowHow kann man schon was auf die Beine stellen. Vorgenommen haben wir uns mindestens eine halbe Stunde bis 40 Minuten. Also Album Spielzeit. Hängt aber davon ab, ob wir mit dem Ergebnis zufrieden sind. 

Thomas: Wir haben viele Plattenfirmen mit unserem Demo bemustert. Von einigen kamen Absagen und von anderen haben wir noch nicht wieder gehört. Also, es bleibt abzuwarten was passiert. Natürlich ist es unheimlich zeitaufwendig und kostspielig immer alles selber zu machen, doch als unbekannte Band bleibt einem kaum etwas anderes übrig als diesen Weg zu gehen. Mir wäre auch lieber, wir hätten einen Deal, denn dann könnte man sich mehr auf die Musik konzentrieren. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Wie gesagt, wir warten es ab.

SM: Gibt es Bands, die euch als Band beeinflusst haben? Wenn ja, welche?

Christian: Beeinflussen ist immer so eine Sache. Man verbindet damit immer gleich "klingt wie". Wenn überhaupt, dann Sepultura. Wegen Platten wie "Arise" und "Chaos AD" habe ich überhaupt mal angefangen ein Instrument zu spielen.

Thomas: Ja klar! Für mich sind Brutal Truth, auch wenn es sie nicht mehr gibt, die absoluten Grindgötter. Brutal Truth haben mir erst den Ruck gegeben etwas an dem Stil von CORNUCOPIA zu ändern. Was nicht heißen soll, das wir uns stilistisch einschränken lassen. Jeder hat so seine Ideen. Und was gefällt wird gemacht.

SM: Was hört ihr privat so an Musik?

Christian: Ich für meinen Teil höre sehr breit gefächert. Von Death über Thrash bis Powermetal ist alles dabei. Ich mag keine Scheuklappen tragen, denn es gibt in jeder Richtung richtig gute Bands. Im Moment höre ich viel Edguy, Slipknot und Death-Metal im Allgemeinen. Destruction sind auch ganz geil. Und immer wieder Death ( RIP ) und natürlich immer wieder Sepultura. Die "Chaos AD" und "Roots" Alben sind meiner Meinung nach die aggressivsten und geilsten Scheiben überhaupt. 

Thomas: Ich bin für vieles offen und höre fast alles. Hier und da gibt es ein paar Ausnahmen. Hauptsächlich höre ich aber Death und Grind wie Brutal Truth, Groinchurn, Total Fucking Destruction und Bolt Thrower, ab und zu auch mal Thrash Metal (besonders den der 80er Jahre), wie z.B. ältere Testament, Exodus und Sacred Reich. Ein bißchen Power Metal wie Sanctuary (Nevermore), Iron Maiden, Helloween ( bis zur Keeper of the Seven Key part I) höre ich auch immer mal gerne. Auch im Punk finde ich einige Bands ganz gut, z.B. The Exploited oder The Sexpistols, um nur einige zu nennen. Und mit Punk hatte ich auch mal angefangen. Ich glaube da war ich gerade 11 oder 12 Jahre alt. Das ist schon verdammt lange her.

SM: Wie finanziert ihr euren Lebensunterhalt? Ist es ein großer Wunsch von euch, irgendwann mal nur von eurer Musik leben zu können oder gefällt euch das "Underground Dasein"?

Christian: Davon leben möchte wahrscheinlich jeder können. Dazu zähle ich mich ebenfalls. Viel geiler ist neben der Kohle der Spaß an der Sache. Geld verdienen ist eh kaum möglich mit der Mucke. Ich sehe es als Hobby, mit dem man evtl. mal einen Satz Basssaiten finanzieren kann. Was den Lebensunterhalt betrifft, ich bin gerade Arbeitslos und im Begriff mich selbstständig zu machen. Claas studiert Biotechnologie.

Thomas: Das mit dem Underground ist so eine Sache, groß raus kommen möchte so ziemlich jeder der Musik macht. Doch dass da auch eine Menge Arbeit drin streckt, das sehen die wenigsten. Viele denken immer man könnte schnell berühmt werden und die dicke Kohle machen. Dem ist aber nicht so. Man muss einem Job nachgehen, um die ganze Sache finanzieren zu können. Ich bin in einem sozialen Beruf tätig. Und ich habe wahrscheinlich schon mehr in die Musik gesteckt, als ich jemals wieder bekommen werde. Aber darum geht es auch nicht, denn in erster Linie zählt der Spaß an der Sache und nichts anderes. Und wenn man damit doch mal ein bisschen Kohle machen könnte, würde sich sicherlich jeder in der Band freuen.

SM: Wie ist es bei euch um die lokale Szene bestellt. Gibt es noch viele andere Bands in eurer Region? Was findet in Sachen Metal sonst so statt in Braunschweig, bezüglich Clubs, Discos etc.?

Christian: Bands gibt es in Braunschweig eigentlich sehr viele. Es sind auch einige echte Undergroundperlen dabei. Viele machen aber meiner Meinung nach die Mucke, die gerade aktuell ist. Empfehlen möchte ich persönlich mal Bands wie Our Souls, Headshot, Uppercut, und die Bukowskis.

Thomas: Es sind hier viele Lokalitäten vorhanden, wo man spielen könnte. Doch die Veranstalter in BS kriegen es überhaupt nicht auf den Schirm mal vernünftige Konzerte zu organisieren, besonders Metal Konzerte nicht. Und außerdem haben die hier auch nicht allzu viel mit Metal am Hut. Schade eigentlich, denn es gibt in diesem Bereich doch einige Bands auf dem Markt. Und wenn dann doch mal ein solches Konzert hier stattfindet, was eher selten ist, hat man als unbekannte Band sowieso keine Chance da mit zuspielen. Fazit: Braunschweig ist keine Metal Stadt.

SM: Kümmert ihr euch komplett selbst um alles was mit der Band zu tun hat (Auftritte, CD Versandt etc.) oder habt ihr Leute, die euch da unter die Arme greifen.

Christian: Machen wir alles selber. Ist manchmal sehr mühselig, aber viel gutes Feedback zeigt, das der Aufwand lohnt.

SM: Mal was zum leidlichen Thema Nazis. War ja vor ca. einem Jahr noch ein Riesenthema in Deutschland und auch in der Metalszene. Scheint aber wenn man sich die Nachrichten so ansieht keine Sau mehr zu interessieren. Wie steht ihr zu dem Thema? Habt ihr in der Metalszene schon mal schlechte Erfahrungen mit Nazis gemacht? Man hört immer wieder, dass der braune Pöbel sich des öfteren in Metal Clubs und auf Konzerten aufhält. Vor allem im Death und Black Bereich. Wie ist das bei euch und was kann man eurer Meinung nach dagegen tun?

Christian: Ich selber habe damit noch keine schlechte Erfahrungen gemacht. Man sieht zwar immer mal welche auf Konzerten, die meisten sind aber harmlos und haben eh keinen Plan. Wenn es wirklich mal Stress bei einem unserer Konzerte geben sollte, hilft meiner Meinung nach nur eins. Gemeinsam gegen das Pack und raus damit. Ich hätte keine Probleme damit, die Leute persönlich rauszuschmeißen.

Thomas: Ich für meinen Teil habe auch noch keine negativen Erfahrungen mit der rechten Szene gemacht, aber wir sollten alle unseren Teil dazu beitragen dieser Szene den Kampf anzusagen. Mit "CHOKE" habe ich einen Text gegen das rechte Pack geschrieben. Zwar nicht offensichtlich, doch wenn man sich die Lyrics genauer durchließt, weiß man was gemeint ist.

SM: Mal was mehr oder weniger unwichtiges. Das Cover der Platte würde nicht gerade einen Preis gewinnen. Hattet ihr nicht die Möglichkeit, das Artwork ein bisschen ansprechender zu gestalten? Klar, ein professionelles Artwork ist teuer, aber es lassen sich doch auch bestimmt mit wenig Kohle ein paar nette Sachen machen, oder?

Christian: Das Coverartwork ist auf meinen Mist gewachsen. Bei uns in der Band kann leider niemand wirklich mit Grafiksoftware o. ä. umgehen, geschweige denn zeichnen oder malen. Also habe ich mir Corel organisiert und einfach mal angefangen. Mehr habe ich dank mangelnder Kreativität nicht auf den Schirm bekommen. Da es sich aber auch nur um ein Demo handelt, haben wir es als "zweckmäßig" befunden.

SM: Was habt ihr so für die nahe Zukunft bezüglich Konzerte, Festivals, Releases usw. geplant?

Christian: Wie gesagt wollen wir im Februar/März noch mal selber versuchen aufzunehmen. Die Aufnahme soll auf alle Fälle besser werden als die des Demo´s. Wir werden uns ein bisschen Hardware leihen und sehen was wir hinbekommen. Vielleicht lässt sich damit mal was erreichen. Dafür wird es auch ein besseres Artwork geben. Wir spielen am 25.1.02 in Braunschweig im Drachenflug, außerdem sind wir für das Happy Cadaver Festival am 22.06.2002 in Bayreuth bestätigt. Headliner ist OBSCENITY. Weitere Gigs sind in Arbeit, es stehen aber keine definitiven Termine fest. Die kann man zeitig auf unserer Homepage www.cornucopia-braunschweig.de nachlesen.

Ich bedanke mich bei euch für dieses Interview und wünsche euch viel Erfolg für die für nächstes Jahr geplanten Aktivitäten!

(Reiner Behling, Jan. 2002)