AXXIS, 10.03.2014
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AXXIS feiern das 25-jährrige Jubiläum ihres Hitalbums 'Kingdom Of The Night' von 1989 (welches damals alleine in Deutschland über 100.000 Mal über die Ladentheken wanderte) mit gleich zwei neuen Alben: 'Kingdom Of The Night II' (black & white edition) nennen sich die exzellenten Longplayer, welche auf den Tag genau 25 Jahre später am 28. Februar durch das bandeigene Label "Phonotraxx" veröffentlicht wurden. Pit Schneider unterhielt sich mit Sänger Bernhard Weiß, der sich erneut als gut gelaunter und mitteilungsfreudiger Interviewpartner erwies, über naheliegende Themen. Doch lest selbst...

Schweres-Metall (SM): Hallo Bernie, wie geht’s Dir u. mit was bist du gerade beschäftigt?
Bernhard: Mir geht’s gut! Ich beschäftige mich gerade mit eurem Interview :-)

SM: Nicht nur ich finde dass 'Kingdom Of The Night II' großartig ausgefallen ist. Die beiden Alben lassen das Herz eines Fans von Melodic Metal (black edition) sowie Hard Rock (white edition) höher schlagen. Wie fielen die weiteren Resonanzen der übrigen Magazine und der Fans bislang aus?
Bernhard: Hammer - Klasse!! Wir bekommen von den Fans total überwältigende Reaktionen per email aber auch auf facebook usw. Bei den Magazinen ist es zu 90% ebenso… aber aus Erfahrung weiß ich, dass das nichts zu sagen hat... wir werden sehen, was wir wirklich verkaufen. Das ist der Maßstab.

SM: Um den Bogen zum inzwischen fast schon legedären Debütalbum von 1989 zu spannen: Was hat sich deiner Meinung nach in der Hard Rock/Metal-Szene seitdem verändert? Zum Guten wie zum schlechten?
Bernhard: Uh, da gibt es vieles. Im Kern geht es bei dieser Veränderung um die Umstellung vom Analogen zum Digitalzeitalter. Dies hatte und hat viele Konsequenzen für Musiker, Labels, aber auch für Musik-Produzenten. Digitalität bedeutete damals kein Rauschen kein Brummen, keine Kratzer und Sprünge auf Vinyl - High Fidelity eben. Das klang erst mal super!
Auch in der Musikproduktion selber wurde vieles günstiger. Als wir von LA von der Matter of survial Produktion zurück kamen, hatten wir erstmals ADATs gekauft…digitale Mehrspurmaschinen. Wir mussten auf einmal keine teuren 2-Zoll-Analog-Bänder kaufen und konnten unser eigenes Tonstudio ohne Millionen Investitionen einrichten. Man konnte auf einmal selber am PC Musik aufnehmen und produzieren. Aber im Laufe der Zeit kamen die Nachteile hervor… alles war kopierbar ohne Verluste und durch die Entwicklung im Web, auch verteilbar geworden. Jeder talentfreie Musiker konnte auf einmal Musik CD’s herstellen. Musik wurde rgendwie wertloser durch diese 1 und 0.
Das Perverse an dieser Entwicklung ist, das es heute einen Run auf digitale PlugIns gibt, die genau das digital simulieren, was die Digitale Welt vernichtet hat…Rauschen und Brummen, Bandsättigung zum Beispiel. Das heißt, wir kaufen heute für teures Geld PlugIns, um die Hardware der Firmen, die Pleite gegangen sind, wieder digital zu simulieren...krank!… oder?
Bei 'Kingdom Of The Night' v. 1989 habe wir diese Hardware noch real benutzt, die heute digital simuliert wird. Für 'Kingdom Of he Night II' wollten wir wieder dahin und haben unsere alten Teile ausgegraben, repariert und zur Produktion eingesetzt.
Doch das digitale Zeitalter hat auch viele Möglichkeiten geschaffen. Wir sind nun in der Lage ein Tonstudio, ein Label und einen Verlag zu führen, können selber produzieren und sind so unabhängig, wie es Rockbands nur sein können/sollten! Der Internet-Vertrieb, die Internet-Promotion, all das kann junge Bands unabhängig werden lassen... aber auch viel Schrott hervorbringen... hat alles Vor- und Nachteile… wie immer?

SM: Wie war es eigentlich damals gleich von einem Branchenriesen wie der EMI unter Vertrag genommen zu werden, bzw. wie muss man sich das als Laie vorstellen? Ich nehme mal an jegliche Arbeit wurde euch abgenommen und ihr seid in Geld geschwommen… (*lach*)?
Bernhard: Es war unser erster Deal. Ich konnte gar nicht einschätzen, ob das jetzt gut oder schlecht war. Wir sind da relativ relaxt drangegangen. Was man an einer Story gut nachvollziehen kann: Wir hatten nämlich unseren Plattenvertrag verlegt und noch nicht unterschrieben, da hat die EMI schon viel Geld für Promotion investiert. Nach Monaten fiel auf, dass wir noch gar nicht unterschrieben hatten und die Verhandlungen zur Black Sabbath-Tour liefen schon an. Naja, wir haben ihn dann in Walters Gitarrenkoffer gefunden. Hieran kann man sehen, dass da großes Vertrauen in uns gesteckt wurde und wir nicht das Gefühl hatten bei einem Major zu sein. Erst als die erste Kohle kam und ich als Student mehr Kohle überwiesen bekam, als mein Vater in drei Jahren zusammen verdiente, wurde es klarer. Die Sparkassen-Tussen haben sich anders verhalten, viele Leute, die mit mir nie ein Wort gewechselt haben, kamen auf einmal an usw. Da wusste ich, Geldverdienen ist nicht alles und irgendwie hab ich mich auch geschämt. Mehr Kohle als mein Vater zu haben, der dafür hart arbeiten musste… blödes Gefühl.

SM: Wie lange habt ihr insgesamt an den neuen Songs gearbeitet, wie lief das Songwriting ab, wann hat sich herauskristallisiert dass es zwei Alben werden würden und wieso hat es eigentlich 5 Jahre gedauert einen Nachfolger zu 'Utopia' aufzunehmen? Die Cover-Scheibe 'reDISCOver(ed)' jetzt mal ausgenommen. Hattet ihr keine Angst dadurch bei euren Fans etwas in Vergessenheit zu geraten?
Bernhard: Ich kann es selber nicht glauben, aber es stimmt. Wir haben im Januar 2013 angefangen mit dem Songwriting. Harry, der nach Bremen gezogen ist, hat sich dafür ein Zimmer in Bergkamen genommen und so konnten wir sehr intensiv an den Songs arbeiten. Am Anfang wollten wir "nur" eine CD zum Jubiläum schreiben mit dem Titel 'Kingdom Of The Night II'! Erwartungsdruck genug, wie ich finde? Wir haben den Titel auch deshalb gewählt, da wir in die Atmosphäre von 1989 eintauchen wollten. Wir wollten die Digitaltechnik nur als Mittel zum Zweck benutzen und so viel wie möglich vom damaligen Geist mitnehmen… kein "drag & drop", kein "copy & paste", alles so wie auf Tonband, alte Hall-Platten aus Stahl, rauschende, brummende Kompressoren usw. Erst als uns jemand sagte, dass viele Phasen des AXXIS-Songwritings zu kurz kommen würden haben wir Songs geschrieben die repräsentativ für diese Phasen stehen. Also einen deutschen Song, Power Metal-Touch, female vocals use… naja, auf einmal mussten wir zwei CD aufnehmen?
Die fünf Jahre brauchten wir um aus AXXIS ein kleines Unternehmen zu machen, was nun total unabhängig vom Markt agieren kann. Eigenes Tonstudio, eigener Verlag, eigenes Label! Da macht uns nun endlich zu einer „richtigen“ Rockband, die frei und ohne Business-Mist Entscheidungen treffen und fällen kann. Die DVD und auch die Coversong-CD waren für uns dabei sehr wichtig! Die Cover-CD haben wir aus mehreren Gründen gemacht.
1. Wir wollten ein Statement abgeben zu dem Trend, dass viele gute Musiker in einer Coverband spielt, um Kohle zu verdienen. Wenn somit das eigene Songwriting trotz Erfolg in den Charts nicht mehr honoriert wird… soll es dann in Zukunft nur noch Coverbands geben? Um uns herum scheint das der Trend zu sein.
2. Wir mussten unser Studio ausstatten und ich musste mich neu einarbeiten. Dazu konnte ich prima auf die Songs zugreifen, bei denen es mir teilweise darum ging, wie weit ich an die Originale heran kommen kann. Das war ne Herausforderung... sind ja Weltproduktionen da Megahits.
3. Wir mussten uns mit den Songwriting der Songs aus der Zeit beschäftigen und haben viel gelernt, was für das Songwriting auf 'Kingdom Of The Night II' sicherlich hilfreich war.

SM: Ich habe in einem Interview gelesen das nun auch euer Bassist Rob zwei Songs komponiert hat. Jetzt ist er schon seit 2003 in der Band, wieso hat das so lange gedauert? (*grins*)
Bernhard: Wir haben in unserer Band immer allen angeboten, Songs für AXXIS zu schreiben… leider kam da oft Schrott raus, da viele nicht an den Song denken, sondern an ihre Virtuosität, an Selbstdarstellung usw. Dabei ist es so einfach. Man muss sich nur öffnen können und den Kopf außen vorlassen, das ist gerade bei guten Musikern schwer, die in ihrem Wissen gefangen sind und sich z.B. in den Regeln der Harmonielehre verheddern, die ja unbedingt eingehalten werden müssen... dabei macht gerade das Brechen dieser Regeln das Salz in der Suppe aus.
Ein guter Musiker ist noch lange kein guter Songschreiber.
Bei Rob ist da irgendwie der Knoten geplatzt und er wollte Songs gestalten, die bewegen und Emotionen bei den Hörern auslösen, eine Song für seine Frau schreiben… Das ist der richtige Ansatz, aber dazu muss man fühlen was Emotionen auslöst. Und man muss authentisch sein können.

SM: Als Power Metal Fan gefällt mir natürlich vor allem die black edition. Insbesondere die Songs "Beyond The Sky", "Venom", "Soulfire" aber auch das in deutsch gesungene "Lass dich gehn" finde ich richtig klasse. Welche Songs liegen Dir besonders am Herzen und warum?
Bernhard: Na alle!
Hervorzuheben sind "21 Crosses", der den Opfern der Loveparde ein musikalische Gesicht geben soll und zu dem ich eine persönlichen Bezug habe, da mein Tochter damals dort hin wollte, ich in Duisburg studiert habe und eines der Opfer aus meiner Heimatstadt Lünen kommt.
Oder "Mary Married A Monster", der sich auf ein Fall in unserem Freundeskreis bezieht. Hier wird die Frau in der Beziehung brutalst geschlagen und findet noch Argumente für ihren Peiniger, sucht Ausflüchte und wir können, weder mit Polizei noch mit anderen Mitteln sie nicht dazu bewegen, diese Beziehung zu beenden… Diese Hilflosigkeit und diese Unverständnis konnte ich schwer nachvollziehen und hab sie in "Mary Married A Monster" aus "her and our-Sicht" auf das schwarze und weiße Album verteilt.
Oder der Versuch "Living In A World" und "Kingdom Of The Night" als Kopien nochmal neu zu schreiben ohne sie verbessern zu wollen, das geht nicht? Aber die Struktur und den Aufbau der Songs wollten wir beibehalten. Im Text reflektiere ich was wir 1989 für Träume und Gedanken gehabt haben und heute blicke ich mit den Songs auf das zurück, was wir geschaffen und durchlebt haben.
Und und und…

SM: Die Machart von "The War" erinnert mich an euer Album 'The Big Thrill', welches ich für eins eurer besten Werke halte. Kannst du diesen Vergleich nachvollziehen?
Bernhard: Klar, wir wollten ja repräsentativ für alle AXXIS-Phasen was am Start haben. The War ist ein echt geiler Song, der sehr vintagemässig aufgenommen wurde und textlich voll in die Facebook/ NSA-Thematik und verschiedenen Verschwörungstheorien trifft und ein paar tontechnische Gimmicks beinhaltet.

SM: Meiner Meinung nach zeigt Marco Wriedt die bis dato beste Leistung. Seine Gitarrenspiel ist verdammt stark, die Soli sind Extraklasse bzw. haben Hand und Fuß und stehen auch einem Michael Schenker in kaum etwas nach. Siehst du dies ebenso?
Bernhard: Klar, er macht das super und er versteht langsam auch, um was es uns geht… die Songs… nix anderes! Wir als Produzenten versuchen, das was er an Magie in den Fingern hat - und das hat er - auszugraben. Das ist auf 'Kingdom Of The Night II' gut gelungen und macht tierisch Spaß… da gibt es immer wieder diese WOW-Momente :-)

SM: Wann erscheint eigentlich der angekündigte Videoclip zu "Venom" und wo habt ihr diesen gedreht?
Bernhard: Naja, ein heikles Thema. Die Story dazu: Uns wurde angeboten zu dem Song ein Video zu drehen, in dem eine gutaussehende Dame in High Heels auf einem Drahtseil tanzt. Die Dame kam vom "Cirque du Soleil" und wir fanden das cool und reizvoll für "Venom". Die Firma "Szenenwerk" aus Lünen hat uns eine Hammerbühne aufgebaut und die Zeichen standen auf Vollgas.
Leider war die Dame am Drehtag krank, hatte ihr Dress vergessen und ihren Balance Wing und konnte nur auf 1,50 rumtanzen. Der Regisseur wollte sie trotzdem einbauen und eigentlich haben wir alle echt geil performed. Doch schon während der Dreharbeiten kamen Zweifel auf. Aber es wurde uns wurde versichert, dass alles SUPER aussieht.
Als wir das Material gesehen haben, haben wir ne Krise bekommen. Unscharfe Bilder, die Kameraleute filmten sich teilweise gegenseitig, die Seiltänzerin machte überhaupt keinen Sinn, da es weder spektakulär noch passend zum Video wirkte. Nach mehreren Schnittversuchen haben wir die Sache abgeblasen.
Später erinnerte ich mich an einen Schüler namens Tim Schneider, der bei einem Schulprojekt von mir mitgemacht hatte und frage ihn ob aus dem echt schlechten Rohmaterial was basteln können. Er stimmte zu und gemeinsam mit mir haben wir gerettet was zu retten was. Herausgekommen ist nicht mehr als eine normale Liveperformance der Band und selbst dafür mussten wir uns Nächte um die Ohren schlagen... Horror... aber man kann jetzt damit leben :-)

SM: Beim Durchsehen der Tourdaten fiel mir auf das kein einziges Konzert in Rheinland Pfalz statt findet. Das finde nicht nur ich sehr schade. Ist dir bewusst dass ihr den Südwesten Deutschlands seit einiger Zeit sträflich vernachlässigt? Dabei wären doch z.B. mit der "Garage" in Saarbrücken, der "Kammgarn" Kaiserlautern und der "Halle 101" in Speyer mindenstens drei renomierte Locations vorhanden… woran liegt das?
Bernhard: Nicht an uns! Wir spielen überall! Nur die Clubs müssen es auch wollen und uns einladen :-)

SM: Kommen dieses Jahr noch einige Sommer-Festivals dazu, oder ist die Auflistung schon komplett?
Bernhard: Nach "Masters Of Rock" und "Firefest" sind wir noch an eins zwei Dingern dran. Mal sehen was davon klappt. Wir arbeiten aber vorrangig an Tourneen im Ausland.

SM: Wie läuft es eigentlich mit dem bandeigenen Label "Phonotraxx"? Seht ihr euch in dem Schritt bestätigt euch vor einigen Jahren selbstständig gemacht zu haben?
Bernhard: Ja, das hätten wir direkt im Jahr 2000 mit Back To The Kingdom' tun sollen. Aber es war schon wichtig diesen sehr riskanten Schritt langsam vorzubereiten. Die Bands Dawn Of Destiny“ und Mercury Falling profitieren davon und wir natürlich auch. D.O.D. haben jetzt sogar die zweite CD namens F.E.A.R. bei uns am Start und wir geben alle Vollgas… Hammer-Produktion mit Mats Leven (Therion, Candlemass, Yngwie Malmsteen, u.a.) und Jon Oliva (Savatage)… tolles Konzeptalbum mit ner Hammerstory... Reinhören!

SM: Wie siehst du persönlich Anno 2014 den Stellenwert eures Stils Hard Rock/Melodic Metal und glaubst du mit den neuen Album in höhere Regionen der deutschen Charts vorstoßen zu können?
Bernhard: Naja, wenn wir in den Sommerferien veröffentlichen würden, würden wir jetzt fett in die Charts einsteigen. Uns war aber das Datum 28.02 wichtig und da veröffentlicht von Helene Fischer bis Wolfgang Petry und ich weiß nicht was alles… aber am Ende muss nur eins stimmen, der Verkauf. 'Kingdom Of The Night' war 1989 auch nicht hoch in den Charts, aber es hat verkauft ohne Ende!

SM: Bernie, danke für das Interview!
Die letzten Worte gehören Dir…
Bernhard: Danke, kauft das Album bzw. die Alben!!! - Besucht uns auf Tour und bleibt uns treu :-)

(Pit Schneider, März 2014)