ADORNED GRAVES, 15.02.2021

Link: www.adorned-graves.de/  

Die im Jahr 2015 aus der Taufe gehobene Formation ADORNED GRAVES aus Kaiserslautern - also gerade mal 32 Kilometer von unserer Redaktion entfernt - hat mit dem aktuellen Album 'Being Towards A River' eine absolute Überraschung, bzw. ein Metal-Highlight des noch jungen Jahres 2021 abgeliefert. Völlig zu Recht wurde die Platte in unserem Mag. dann auch zur "Eigenproduktion des Monats Januar" gekürt und besticht durch gnadenlos gute Songs sowie eine enorme stilistische Vielfalt.
Unser Pit kam nicht umhin die Band zum Interview zu bitten ... Doch lest selbst!

Schweres-Metall (SM): Hallo Stefan, wie geht´s dir und was treibst du so im abermaligen zweiten Corona-Lockdown, welcher ja den kompletten Livemusik-Sektor bis dato lahmlegt?
Stefan: Hallo Pit! Mir geht es den Umständen entsprechend gut.
Man darf sich nicht verrückt machen lassen, auch wenn die derzeitige Lage nicht angenehm ist. Man trifft sich online, hält Abstand und Anstand und hofft darauf, bald wieder zusammen feiern zu können - denn das fehlt uns allen.

SM: Da ihr nicht nur für mich bis dato ein "unbeschriebenes Blatt" wart, stelle ADORNED GRAVES doch bitte mal vor. Das heißt seit wann gibt es euch, habt ihr musikalische Vorbilder und wo würdest du euch stilistisch einordnen?
Stefan: Offiziell gibt es uns seit 2015, denn in diesem Jahr ist unsere Debut-EP 'The Hand Of Death' erschienen.
Musiziert haben wir aber schon viel länger zusammen, vor allem mein Bruder (Cailen) und ich. Die Band wird komplettiert von Wormser (Gitarre, Produzent) und Veruta am Bass. Unsere Haupteinflüsse stammen aus den 1980er Jahren und kurz und knapp gesagt spielen wir Thrash Metal, jedoch greift das viel zu kurz. Wir haben eine Vorliebe für schnelle und harte Gitarrenriffs aber beschränken uns nicht darauf. Als begeisterte Musikfans reichen unsere Einflüsse von Hard Rock bis Death Metal und so spiegeln sich auch in unserem Sound Doom, Epic, klassischer Heavy Metal oder Hard Rock wider.
Musikalische Vorbilder sind Tourniquet, Slayer, Believer, Black Sabbath und viele mehr.

SM: Kommen wir zum neuen Longplayer 'Being Towards A River', welcher in unserem Mag. zur "Eigenproduktion des Monats" gekürt wurde.
Was bedeutet Dir/Euch als Band so etwas? Zumal wir ja nur ein kleines Online-Magazin sind und wie sind die Reaktionen der Presse und Fans bislang ausgefallen?
Stefan: Das bedeutet uns schon viel, gerade weil wir eine Underground-Band sind. Ich meine damit nicht, dass wir unbedingt auf die große Bühne müssen, aber es steckt eine Menge Arbeit in so einer Produktion. Wenn du sie dann endlich abgeschlossen hast, im Sessel sitzt und der eigenen Musik lauschst, dann genießt man den Moment umso mehr, wenn derartige Rückmeldungen kommen. Gerade zu 'Being Towards A River' sind die Kritiken durchweg herausragend ausgefallen. Im Grunde kann es diesbezüglich nicht viel besser laufen und das nimmt man sehr gerne mit, denn es ist ja nicht alltäglich. Ob ihr ein "kleines Online-Magazin" seid, spielt dabei keine große Rolle, wichtig ist zu lesen, dass die Musik gefällt und ob die Kritik nachvollziehbar ist.

SM: Was mich am aktuellen Album fasziniert ist der immense Abwechslungsreichtum, die stilistische Vielfalt und Klasse jedes einzelnen Tracks. Erzähl doch mal wie das Songwriting bei euch. Denn der Platte liegt ja ein Konzept (Der Rhein) zugrunde und diese ist schon fast wie ein Soundtrack aufgebaut.
Würdest du mir dahingehend zustimmen und wie wichtig sind euch die Texte?

Cailen: Vielen Dank! Ganz genau!
Da ich in erster Linie für die Texte verantwortlich bin, die mir enorm wichtig sind, komme ich immer mit einer bestimmten Idee oder einem Thema an, das mir längere Zeit schon in meinen Gedanken herumgeistert. Ich finde es wichtig, dass nicht nur die Musik den Hörer anspricht, sondern ein ganzes Konzept, welches sich dann durch die ganzen Aufnahmen zieht. Das aktuelle Album führt seine Zuhörer sowohl in musikalischer als auch in textlicher Hinsicht auf eine Reise entlang des Rheins, dessen Landschaft und Geschichte mich schon immer fasziniert hat, nicht zuletzt, weil ich verschiedene Stationen meines eigenen Lebens auch mit bestimmten Orten am Rhein verbinde.
Zu Beginn startet diese Reise in einer finsteren Kartsquelle, führt aus dem Dunkel ins Licht, stürzt sich Sturzbäche, steile Abhänge, Schluchten und Wasserfälle hinab, fließt dann beständig ins Tal, wo sich die Gewässer vereinen, um schließlich im großen, breiten Strom gemächlich und mächtig dem Meer zuzufließen. Auf dieser Reise begegnet der Hörer immer wieder den Mächten, die das Leben begleiten oder gestalten, um schließlich auch sich selbst zu begegnen. Die großen menschlichen Fragen nach der Quelle, dem woher komme ich, wer bin ich, wohin gehe ich und nach dem Sinn und Ziel allen Lebens, begleiten stets das Album. Die Texte sind metaphorisch und sinnbildlich verfasst und bedienen sich alter sprachlicher Bilder rund um das Thema Flusslauf. Dabei bleibt die textliche Ausrichtung den Texten des Alten und Neuen Testaments verpflichtet, welche immer meine wichtigsten Inspirationsquellen sind, da diese alten Texte der Bibel mich seit meiner Kindheit begleiten.
Die Band baut dann entweder die Musik drumherum oder umgekehrt: Ich beachte, welche Stimmung ein bereits existierendes Musikstück hat und schaue dann welche Bilder oder textlichen Assoziationen es in mir hervorruft.

SM: Aufgrund der Komplexität und des Abwechslungsreichtums interessiert es mich sehr, wie viel Zeit ihr in das neue Werk investiert habt.
Stefan: Das Album hat ungefähr zweieinhalb Jahre beansprucht. Das ist etwa der Zeitraum, den wir benötigen, um eine Platte mit Konzept zu erstellen. Manches könnte etwas schneller vonstattengehen aber wir kümmern uns um alles selbst und legen zwischendurch auch Pausen ein, dann läuft die Band mal nebenher oder auf "Stand-by". Einzelne Kompositionen entstehen relativ schnell aber gerade bei Titeln wie "Rheingold" ist es von Vorteil, wenn man ihnen Raum zum Wachsen gibt.

SM: Hallo "Wormser", aus eurer Presse-Info geht hervor das du als Leadgitarrist auch für Produktion, Mix & Mastering zuständig warst. welchem Studio wurden diese Dinge geregelt, wie lange habt ihr insgesamt - vom Songwriting angefangen bis zur Aufnahme des letzten Tons - an der Platte gearbeitet?
Wormser: Aufgenommen haben wir in Krickenbach in den "High Voltage" Studios. Gemixt und gemastert wurde 'Being Towards A River' bei "Musik Wormser" in Kaiserslautern. Wie lange alles gedauert hat, kann ich inzwischen nicht mehr sagen aber in den letzten zwei Jahren habe ich unzählige Stunden mit den Feineinstellungen verbracht.

SM: Wie kamt ihr eigentlich mit den involvierten Ausnahmesängern Dale Thompson (Bride) und Herbie Langhans (Firewind, ex-Voodoo Circle) in Kontakt, bzw. was es schwierig die beiden für eure neue Platte zu gewinnen?
Cailen: Beide Sänger sind uns seit unserer Jugend vertraut. Im Falle von Herbie haben wir sogar gemeinsame Bekannte und eine gewisse gemeinsame Geschichte, da wir in der gleichen Szene beheimatet waren. In beiden Fällen wussten wir um die herausragenden Fähigkeiten der Sänger und die entsprechenden Anknüpfungspunkte. Da wir inzwischen auch über das gewisse technische Knowhow verfügen, konnten wir uns über die Möglichkeiten, die das Internet bietet ins Spiel bringen.
Nachdem die beiden jeweils unser Material gehört hatten, konnten sie sich gut vorstellen, es durch ihre Röhre zu veredeln. Im Falle von Dale Thompson lautete der Kommentar: "I will make monsters out of them (the songs)" und er hat Recht behalten.

SM: Ich halte das fast 12-minütige "Rheingold" für euer bisheriges Magnus Opus. Was kannst du mir zu diesem Song erzählen?
Cailen: Eigentlich sind wir so ziemlich dem Old School Thrash verschrieben, aber ich wollte schon immer mal eine epische, traditionelle Metal Hymne schreiben.
Am Anfang sammelte ich dazu passende Begriffe, wie sword, ruins, knight, night, moon, black, red usw. Dann erschien in meinem Inneren die Landschaft des Mittelrheintals und ich klimperte Akkorde dazu. Ich war dann erstaunt, dass dabei ein Thema entstand, das die oft kriegerische und leidvolle Geschichte Deutschlands und der Menschen am Rhein bis heute versinnbildlichte. Der Refrain bringt es dann kritisch auf den Punkt: Was vereint die Menschen am Rhein? Was sind unsere wahren Schätze?
Zu Beginn war die Hymne ziemlich kitschig aber so nach und nach kamen immer mehr Bausteine dazu, die das Lied zu dem machten, was es heute ist.

SM: Denkst du die momentane Krise verändert die Rock- & Metal-Musikszene nachhaltig, oder wird es nach Corona genauso weiter gehen wie zuvor und was hältst du von der von kontrovers diskutierten Eventim.de-Initiative zukünftig nur noch Geimpfte für Konzerte zuzulassen?
Stefan: Je länger die Situation anhält, bekommt man auch Zweifel, ob alles einmal wieder so werden wird, wie man es kannte. Aber ich habe Hoffnung, denn im Heavy-Metal-Bereich wird es immer Leute geben, die sich für die Szene engagieren. Auf und Abs gibt es immer mal wieder und in den 1990ern haben wir bereits eine Durststrecke durchmachen müssen.
Was die Impfungen angeht und welche Formen das alles annehmen wird, kann ich nicht voraussehen. Generell ist man als Künstler um jeden Fan oder Konzertbesucher froh aber ich denke, dass wir uns vor allem darüber freuen würden, überhaupt wieder Konzerte geben zu können und es dann vielleicht auch schrittweise wieder zum gewohnten Festivalleben kommt.

SM: Ich bedanke mich für eure Zeit!
Letzte Worte an unsere Leser bzw. die deutschsprachigen Metal-Fans?

Stefan: Haltet durch, irgendwann stehen wir wieder gemeinsam im Festivalacker und schütteln den Schädel zu unserer geliebten Mucke!

Interview: Pit Schneider, Februar 2021
Presse-Fotos © 2021 by Adorned Graves