Der "Jagd-Panzer" aus dem US-Bundesstaat Colorado gehört zweifellos zu den besten und innovativsten Bands des Heavy Metal. Schon zu Anfangstagen, mit dem unvergleichlichen Kult-Album Ample Destruction im Gepäck, sowie Göttersänger Harry "The Tyrant" Conklin und dem famosen Gitarrendoppel Mark Briody und Joey Tafolla brach man wie ein Orkan über die nun auf den Knien liegende Metal-Gemeinde - vor allem in Europa - herein! Da auch der aktuelle Output 'Mechanized Warfare' (siehe CD-Kritiken) wie erwartet ein absolutes Weltklasse-Album geworden ist, und die Band außer der zweiten vollständigen LP' Dissident Alliance' ausschließlich erstklassige Platten abgeliefert hat, ist es nun an der Zeit diese Ausnahmeband bei uns gebührend vorzustellen.

Aktuelles JAG PANZER Line-Up (v. li. nach re.): John Tetley, Chris Broderick, Mark Briody, Harry Conklin & Rikard Stjernquist

Alles begann in der frühen Achtzigern, als sich auf der Highschool Harry Conklin, Mark Briody, John Tetley und Rick Lelyard kennenlernten. Sie gründeten die Band TYRANT, zogen durch die lokalen Clubs, und spielten Cover-Songs ihrer Idole JUDAS PRIEST, BLACK SABBATH, IRON MAIDEN und RAINBOW. Die erste Aufnahme wurde 1981 bewerkstelligt, als man für 3 Stunden(!) ein 4 Spuren-Studio anmietete und den Song "Tower Of Darkness" aufnahm. Da die blutjungen Burschen nun ´Blut geleckt´ hatten, enterte man 5 Monate später erneut ein Studio (8 Spuren) und spielte die Ur-Versionen der späteren Kult-Songs "The Cruzifix" und "Battle Zone" ein. Dieses 2-Song Demo erregte die Aufmerksamkeit des Fanzine-Redakteurs Andrew Banks.
Da dessen Fanzine namens "Heavy Metal Times" auch außerhalb des Standorts Texas vertrieben wurde, und Banks zufälligerweise in Colorado Springs - also gar nicht weit von der Band entfernt wohnte, traf man sich mit ihm und schloss sogar Freundschaft. Man übergab ihm weitere Demo-Tapes, da Banks demnächst zu einigen Indie-Plattenfirmen nach Los Angeles wollte, und im Rahmen dessen natürlich auch TYRANT Support verschaffen würde. Banks kehrte aus L.A. mit einer guten und einer schlechten Nachricht zurück. Die Gute: Zwei Labels - nämlich Metal Blade Records und Azra Records waren von den Demos der Band sehr beeindruckt gewesen. Die Schlechte: In Kalifornien gab es eine schon länger bestehende Truppe die sich ebenfalls TYRANT nannte, so stand also eine Namenswechsel ins Haus!

Die jungen Musiker dachten also über die Offerten beider Plattenfirmen nach, und eine neuer Band-Name musste nun auch her.
In der örtlichen Bücherei wurde ein Buch gefunden welches einen großen, sehr aggressiv aussehenden Panzer mit der Überschrift ´Jagd-Panzer´ zeigte. Da man jedoch die Befürchtung hatte die Leute in den USA würden die Bedeutung diese deutschen Begriffs nicht versehen, strich man kurzerhand das ´d´ aus Jagd und fertig war der neue Bandname. Azra Records bot den Jungs nun an deren beiden ersten Veröffentlichungen mit farbigem Cover auszustatten, was zur damaligen Zeit für Underground Labels sehr selten war. Die meisten Labels begnügten sich mit schwarz-weiß Drucken. So unterzeichnete man den Vertrag für eine Maxi-LP und ein komplettes Album. Man begab sich 1982 in die Startsong Studios um eine unbetitelte fünf-Song Maxi-LP aufzunehmen. Die zwei schon zuvor erwähnten Demo-Songs + die folgenden neuen Tracks: "Death Row", "Metal Melts The Ice" und "Iron Shadows." Da ein Trip in die Musik-Metropole L.A. unbedingt notwendig war um die Band weiter zu bringen, packte man Anfang 1983 seine sieben Sachen und machte sich auf den Weg zur Westküste. Jedoch verlief dieser Besuch wenig erfolgreich, da man einsehen musste dass man ohne aktuelles Album in der Tasche, einem nur unzureichendem Equipment für Club-Gigs, und dem relativ unkommerziellen Sound so gut wir kaum etwas bewegen konnte. Zudem brauchte man einen zusätzlichen Gitarristen um die Songs auch Live entsprechend den Studioaufnahmen ´rüberbringen zu können. Es wurde zwar jemand gefunden, doch es stellte sich schließlich heraus das dieser außerstande war die Songs nach den Vorstellugen der Band zu spielen. So suchte man weiter, bis man eines Tages auf einen gewissen Joey Tafolla traf, der Lead-Gitarrist war und unbedingt in einer traditionellen Metal-Band spielen wollte. Bei der ersten Band Probe blies Tafolla den Rest der Band quasi um, aufgrund seines aggressiven, technisch hochversierten Spiels und seinen flinken, melodischen Soli. JAG PANZER waren nun eine Fünf-Mann-Band! Die Maxi-LP erschien 1983 und wurde schnell zu einem der absoluten Favouriten der Underground-Metal-Szene. Die eigentlich unbetitelte Platte bekam von den Fanzines den Namen 'The Tyrant EP'. Die Scheibe kam auch als Picture-LP auf den Markt. Diese ist jedoch heute nicht mehr zu bekommen, allenfalls zu astronomischen Sammler-Preisen! Ende 1983 kehrt die Band nach Colorado zurück und begann umgehend mit den Arbeiten an ihrer ersten LP. Wiederum im Startsong Studio spielt man Ample Destruction ein. Vor der Veröffentlichung dieses Albums wollte man jedoch in Colorado Springs ein klassisches Metal Konzert geben. Doch die dortigen Clubbesitzer waren diesbezüglich sehr skeptisch, da die Band weder etabliert war, noch Support von Radiosendern hatte. So beackerten die Jungs zwei Monate lang die Strassen von Colorado Springs um Plakate anzukleben und Flyer zu verteilen. Der Konzertabend war gekommen, und der Clubbesitzer der JAG PANZER letztlich spielen lies erwartete etwa 50 Zuschauer, aber genau 425 Leute wollten die Band sehen! Die Show wurde von der einheimischen Presse in höchsten Tönen gelobt und die Jungs waren auf dem besten Wege sich als gute Live-Band zu etablieren! Ample Destruction erschien 1984 und erhielt weltweit geradezu unglaubliche Resonanzen!

¬ Das Original US-Cover von 'Ample Destruction'!

Besonders in Europa schienen die Fans geradezu "am Rädchen zu drehen", obwohl die Platte lediglich als teurer Import zu bekommen war. Die Band versuchte nun bei einer europäischen Plattenfirma unterzukommen, aber es war damals unmöglich. Kein einziges dieser Labels interessierte sich für die Tyrant-E.P. oder für Ample Destruction. Und dass trotz der weltweit enthusiastischen Kritiken in jedem wichtigen Fanzine! Drummer Rick Hilyard verlies die Band Ende 1984 und wurde von einem Urgestein der Rockszene aus Denver, Reynold "Butch" Carlson ersetzt. Mit Carlson konnte die Band aufgrund dessen hervorragender Technik und seiner überschäumenden Spielfreude bei Live-Gigs eine weitere Stufe der Erfolgsleiter erklimmen. Die Konzerte der Band waren nun regelmäßig ausverkauft, und man spielte einzelne Gigs als Vorgruppe von Bands wie SLADE oder GRIM REAPER. Eine komplette Tournee zu absolvieren war jedoch damals für den ´Jagd-Panzer´ unmöglich. Die europäischen Promoter hatten Angst davor JAG PANZER zu buchen, da die Band auf dem ´alten Kontinent´ keinen Plattenvertrag vorweisen konnte, und die amerikanischen Promoter sagten dass man eine Band, die kein Airplay von den Radio-Stationen bekam, unmöglich auf Tour schicken könne. Man entschloss sich nun trotz dieser frustrierenden Situation mit den Arbeiten am neuen Album zu beginnen bzw. einen neuen Plattenvertrag anzuvisieren, da der erste mit Azra Records mit der Veröffentlichung von Ample Destrucion ausgelaufen war. Es wurde also ein neues Demo eingespielt, auf welchem Songs wie "Shadow Thief" oder "Viper" zu finden waren. Die Resonanzen der Plattenfirmen - diesmal auch Major-Companies - waren durchweg positiv. So kamen etliche Plattenfirmenvertreter nach Colorado Springs und waren von den Live-Qualitäten der Band sehr beeindruckt. Jedoch kamen keine Offerten für einen Plattenvertrag, die diese Typen meinten die Band wäre einfach nicht kommerziell genug. JAG PANZER jedoch weigerten sich ihren ureigenen Stil zugunsten Chart-tauglicher Songs zu korrigieren, so dass ein Plattenvertrag in weite Ferne rückte.

Jetzt brach eine der schwärzesten Stunden in der Bandgeschichte an: Sänger Harry Conklin verlies die Band in Richtung RIOT, Ausnahmegitarrist Joey Tafolla und Drummer Reymond Carlson stiegen ebenfalls aus und begannen mit den Arbeiten an Tafolla´s erstem Solo-Album für Shrapnel-Records. Nun musste man sich also auf die Suche nach Ersatz machen. Als neuen Leadgitarristen fand man schnell Christian Lesergue, der für seine unglaubliche Schnelligkeit an den sechs Saiten bekannt war. Den Drummer-Posten nahm ein ´Teenager´ namens Rikard Stjernquist ein. Dieser beeindruckte die Jungs vor allem mit seinem kraftvollen Double-Bass Spiel und seiner Liebe zu klassischem Indie-Metal. Jetzt fehlte also nur noch ein Sänger. Letztendlich glaubte man in Bob Parduba (Ex-Alloy Czar) den richtigen gefunden zu haben. Die Band buchte also das Avalanche Studio in Denver und begann mit den Aufnahmen zum kommenden Album, das den Titel 'Chain Of Command' tragen sollte. Zudem spielte man einige Gigs als Vorgruppe für solche bekannten Metal-Truppen wie HELLOWEEN oder MEGADETH. Nun wurde endlich von einer Major-Company ein Plattenvertrag offeriert, der sich jedoch nach genauerem Durchlesen als ziemlich armselig herausstellte! Die Band verzichtete auf diesen Deal. Kurz darauf verließen Parduba und Lesergue JAG PANZER.

                                          Gitarrist und Mastermind Mark Briody

Ohne Sänger und Leadgitarrist stürzten sich die drei übrig gebliebenen Briody, Stjernquist und Tetley wiederum in das Songwirting für das neue Album. Zu dieser Zeit wurde nun auch endlich 'Ample Destruction' in den USA von Metal Blade Records und in Europa von Metalcore Records veröffentlicht. Die 'The Tyrant-EP' wurde von Mausoleum Records weltweit lizensiert. Bonzai Records und Barraicade Records veröffentlichten Ample Destruction zudem ohne Erlaubnis der Band! Sänger Daniel Conca und Gitarrist Chris Kostka stiessen Anfang 1990 zu Mark Briody & Co. Die beiden brachten einige Thrash Einflüsse in das Chain Of Command Line-Up. Ein neues Demo wurde eingespielt welches den Jungs einen Kontrakt mit der deutschen Plattenfirma Rising Force Records einbrachte.

1994 erschien dann endlich das Album 'Dissident Alliance'. In den Staaten war Pavement Records für den Vertrieb der Scheibe verantwortlich. Im Nachhinein sieht auch die Band ein dass diese Scheibe und auch das veränderte Line-Up ein Fehler war, denn die Fans akzeptierten das eine so wenig wie das andere! Wie auch immer, die Truppe absolvierte kurz darauf ihre erste Europa-Tour als Vorgruppe von OVERKILL, kurz nach Tourende verließen Daniel Conca und Chris Kostka JAG PANZER wieder. Die drei verbliebenen Bandmitglieder nutzten nun die Zeit um ein Bandeigenes Aufnahmestudio aufzubauen und neues Songmaterial zu komponieren. Zwei neue Tracks wurden ohne Gesang bzw. Text aufgenommen. Die Band fühlt das die neuen Songs förmlich nach Harry Conklin´s genialer Stimme verlangten. Also fragte man Conklin ob er - nur zum Spaß - bereit wäre auf diesen Songs zu singen. Dieser stimmte sofort zu, schrieb den Text und die Gesangslinien und das Ergebnis war einfach großartig! Die weiteren Aufnahmen verliefen sehr schnell und vielversprechend. Die Band wusste das man dieses Demo so schnell wie nur möglich publik machen musste. So versendete man Kopien an Plattenfirmen und Magazine in aller Welt. Innerhalb weniger Wochen war wiederum ein reglerechter Kult ob diesem grandiosen Demo von JAG PANZER (endlich wieder mit Harry "The Tyrant" Conklin) ausgebrochen! Centuria Media bot der Band einen langfristigen Plattenvertrag mit einem anständigen Budget an. Zudem hatte man die Chance mit dem legendären Metal-Produzenten Jim Morris zusammenarbeiten! Da konnten Briody, Conklin & Co. wahrlich nicht nein sagen und unterschrieben diesen guten Deal. Der ehemalige Gitarrist der Band - Joey Tafolla - wurde gefragt ob er einige Soli zum anstehenden neuen Album 'The Fourth Judgement' beisteuern würde, welchem dieser auch zustimmte. Jedoch konnte er aufgrund wichtiger Verpflichtungen weder bei Live-Auftritten noch an weiteren Aktivitäten teilnehmen, so dass man abermals nach einem Lead-Gitarristen Ausschau halten musste. 'The Fourth Judgement' erschien 1997 und konnte sensationelle Kritiken einheimsen. Eine komplette Europa-Tournee mit HAMMERFALL und GAMMA RAY war geplant, doch die Band brauchte dringend einen Gitarristen. So fragte man etliche befreundete Musiker ob sie niemanden wüssten der in Frage käme, und überall bekamen sie die gleiche Antwort: Chris Broderick wäre der Mann für die offene Position. Broderick wurde zu einer Probe der Band eingeladen und konnte sofort überzeugen, da er alle von Tafolla eingespielten Soli Note für Note nachzuspielen vermochte! Zudem verhalf Broderick´s unglaubliche Bühnenpräsenz und sein virtuoses Gitarrenspiel JAG PANZER dazu, dass die o.a. angesprochene Tour im Nachhinein als großer Erfolg gewertet werden kann.

'The Fourth Judgement' beinhaltet auch einen älteren Song namens "Shadow Thief", dieser Track war lange Zeit nur auf Bootlegs und raren Demos zu bekommen gewesen. Dies führte dazu, dass etliche Fans die Plattenfirma Century Media mit Anfragen nach der Veröffentlichung von weiterem unveröffentlichtem Material geradezu bombardierten! Es wurde die Entscheidung getroffen dass das nächste JAG PANZER-Opus, mit dem Titel The Age Of Mastery weitere, bisher nicht offiziell veröffentlichte Songs enthalten sollte. Diese Tracks waren "Iron Eagle", "Displacement", "The Age Of Mastery", "Twillight Years" und "The Moors". Die Kritiken für The Age Of Mastery waren abermals euphorisch und die Band begab sich auf diverse Konzertreisen. Als erstes ging es als Headliner nach Europa, danach als Vorgruppe von ICED EARTH durch die USA und abschließend folgte im Sommer 1999 ein umjubelter Auftritt beim Wacken Open Air-Festival. Nach diesen überaus erfolgreichen Tourneen begann die Band an ihrem bislang ambitioniertesten Album zu arbeiten. Ein Konzept-Album, basierend auf Shakespeare´s MacBeth. Man arbeitete Tag und Nacht an diesem Werk, schmiss fertige Songs wieder um, oder warf sämtliche Texte in den Mülleimer und schrieb sie komplett neu! Nach einem Jahr harter Arbeit begab man sich erneut mit Jim Morris ins Studio. In der ersten Februar-Woche des Jahres 2000 war es endlich geschafft, und die Jungs wurden für ihre überaus intensive Arbeit mit einem brillianten, intensiven Metal-Meisterwerk mehr als entschädigt - 'Thane To The Throne'! Nach dem Release von Thane To The Throne entwickelten sich die Songs des Nachfolgers sehr schnell. JAG PANZER waren wohl in ihrer bislang kreativsten Phase angelangt. Man war sich klar darüber dass das kommende Album aber wieder mehr ´old School´ klingen sollte. Wiederum wurde Jim Morris als Produzent verpflichtet, und letztendlich schafften es 10 Tracks auf das neue Album, die im laufe des Februars 2001 teilweise in dem Bandeigenen Studio in Colorado, in Arizona sowie Florida aufgenommen wurden. Der Endmix fand jedoch in den Morrissound Studios statt, und das neue JAG PANZER-Opus 'Mechanized Warfare' war fertig! Diese Scheibe wurde mit Lobeshymnen - vor allem der deutschen Metal-Presse - überschüttet. Und dass vollkommen zurecht, den keine Band klingt auch nur annähernd wie die Burschen aus Colorado: Majestätisch, teilweise episch & komplex, technisch hochversiert und mit einem Sänger aus einer anderen Welt - kurzum unantastbar!

Discographie:

VÖ USA:	VÖ Deutschland:	Titel:	Plattenfirma:
1983	Nicht erschienen	The Tyrant EP	Azra
1984	01.03.1993	Ample Destruction	Iron Works
1994	22.01.1996	Dissident Allicane	Pavement
Sept. 1997	25.08.1997	The Fourth Judgement	Century Media
Nov. 1998	21.09.1998	The Age of Mastery	Century Media
09.05.2000	22.06.2000	Thane to the Throne	Century Media
07.08.2001	23.07.2001	Mechanized Warfare	Century Media

Pit Schneider, Dezember 2001